10 (B. 2)
Willy Hellpach:
rung hat mir Dr. Eugen Fischer, o. Prof. d. Anatomie zu Frei-
burg i. Br., bei einer Demonstration meines Materials und einer
Diskussion meiner Folgerungen nahegelegt. Danach wäre das
fränkische Gesicht dem physiognomischen Typus des nordischen
Menschen angehörig, aber seine nordische Geschlossenheit gesprengt
durch Einkreuzungen des Homo alpinus. Die kinnwärtige Ver-
jüngung, auch die geraden spitzen Nasen wären nordisches Erb-
stück, die Jochfiguration, die krausen Nasen, die Biprofilie aber
alpin. Fischers alpiner Typus2, für den er eine Dichtigkeitszone
im südlichen Mittelbaden findet, zeigt im wesentlichen die Kenn-
zeichen des schwäbischen Gesichts. Es wäre dann das schwäbische
Gesicht reine Homoalpinus-Physiognomie, das fränkische Gesicht
nordische, aber alpin gesprengte Physiognomie. Die oben ange-
führte Überlegenheit des schwäbischen Gesichts, sich gegen das
fränkische durchzusetzen, wäre möglicherweise als „Entmischungs“-
erscheinung3 deutbar. — Mich vermag nach reiflichem Durchdenken
auch dieser Erklärungsversuch nicht zu befriedigen. Ich hebe
trotzdem zuerst seine Stärken hervor: in der Tat nähert sich das
fränkische Wesen auch sprachlich, je weiter es zurückverfolgt wird4,
desto mehr dem nordischen (niederdeutschen), wie ja ein ganzer
fränkischer Zweig sprachlich — als ,,Niederfränkisch“ — beim
Niederdeutschtum verblieben ist. In der Tat erweckt das frän-
kische Gesicht in seiner Unregelmäßigkeit (namentlich der profi-
lären) den „Eindruck“ eines morphologischen Gesprengtseins, einer
Typuszerstörung (oder -Störung) mehr als einer Typenbildung. In
der Tat setzt sich anscheinend (mehr wage ich an diesem Punkte
nicht zu behaupten) das schwäbische Gesicht gegen das fränkische
Gesicht auch hei der Kreuzung beider durch5. Aber dem stehen
folgende Schwächen der Erklärung gegenüber: Beide Physiogno-
mien, schwäbische und fränkische, sind (s. Abs. 7) unabhängig von
Länglichkeit oder Breite; es gibt fränkische Gesichter, die an Breite
mit dem typischen Alpinus-Gesicht wetteifern, schwäbische Ge-
sichter, die nordisch länglich, nordisch (oder mediterran oder ,^ina-
risch“) benast, und dennoch durch den rechteckigen Antlitz-
grundriß typisch schwäbisch sind. Sodann bleibt ganz unerklärt die
Umformbarkeit des fränkischen Gesichts ohne schwäbische Ein-
kreuzung, schon in der 1. Nachkommengeneration fränkischer Eltern
bei Auf wachsen der Kinder im schwäbischen Sprachbezirk.
17. Sozialpsychologische Erklärung. Die letzterwähnte,
im Abs. 12 näher dargestellte Umformbarkeit des fränkischen Ge-
Willy Hellpach:
rung hat mir Dr. Eugen Fischer, o. Prof. d. Anatomie zu Frei-
burg i. Br., bei einer Demonstration meines Materials und einer
Diskussion meiner Folgerungen nahegelegt. Danach wäre das
fränkische Gesicht dem physiognomischen Typus des nordischen
Menschen angehörig, aber seine nordische Geschlossenheit gesprengt
durch Einkreuzungen des Homo alpinus. Die kinnwärtige Ver-
jüngung, auch die geraden spitzen Nasen wären nordisches Erb-
stück, die Jochfiguration, die krausen Nasen, die Biprofilie aber
alpin. Fischers alpiner Typus2, für den er eine Dichtigkeitszone
im südlichen Mittelbaden findet, zeigt im wesentlichen die Kenn-
zeichen des schwäbischen Gesichts. Es wäre dann das schwäbische
Gesicht reine Homoalpinus-Physiognomie, das fränkische Gesicht
nordische, aber alpin gesprengte Physiognomie. Die oben ange-
führte Überlegenheit des schwäbischen Gesichts, sich gegen das
fränkische durchzusetzen, wäre möglicherweise als „Entmischungs“-
erscheinung3 deutbar. — Mich vermag nach reiflichem Durchdenken
auch dieser Erklärungsversuch nicht zu befriedigen. Ich hebe
trotzdem zuerst seine Stärken hervor: in der Tat nähert sich das
fränkische Wesen auch sprachlich, je weiter es zurückverfolgt wird4,
desto mehr dem nordischen (niederdeutschen), wie ja ein ganzer
fränkischer Zweig sprachlich — als ,,Niederfränkisch“ — beim
Niederdeutschtum verblieben ist. In der Tat erweckt das frän-
kische Gesicht in seiner Unregelmäßigkeit (namentlich der profi-
lären) den „Eindruck“ eines morphologischen Gesprengtseins, einer
Typuszerstörung (oder -Störung) mehr als einer Typenbildung. In
der Tat setzt sich anscheinend (mehr wage ich an diesem Punkte
nicht zu behaupten) das schwäbische Gesicht gegen das fränkische
Gesicht auch hei der Kreuzung beider durch5. Aber dem stehen
folgende Schwächen der Erklärung gegenüber: Beide Physiogno-
mien, schwäbische und fränkische, sind (s. Abs. 7) unabhängig von
Länglichkeit oder Breite; es gibt fränkische Gesichter, die an Breite
mit dem typischen Alpinus-Gesicht wetteifern, schwäbische Ge-
sichter, die nordisch länglich, nordisch (oder mediterran oder ,^ina-
risch“) benast, und dennoch durch den rechteckigen Antlitz-
grundriß typisch schwäbisch sind. Sodann bleibt ganz unerklärt die
Umformbarkeit des fränkischen Gesichts ohne schwäbische Ein-
kreuzung, schon in der 1. Nachkommengeneration fränkischer Eltern
bei Auf wachsen der Kinder im schwäbischen Sprachbezirk.
17. Sozialpsychologische Erklärung. Die letzterwähnte,
im Abs. 12 näher dargestellte Umformbarkeit des fränkischen Ge-