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Freund, Hermann; Gottlieb, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1921, 3. Abhandlung): Studien zur unspezifischen Reiztherapie: über die Wirkungssteigerung autonomer Nervengifte als Reaktion auf die Umstimmung — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41201#0022
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22 (B. 3)

H. Freund und R. Gottlieb:

Versuchen gerade um zwei typische Nervenendgifte dieses Systems
handelt. Doch läßt sich dieser Angriffspunkt aus den mitgeteilten
Tatsachen nicht streng beweisen, da auch eine direkte Umstimmung
der Erfolgsorgane hei gleichbleibender Innervation zur Steigerung
führen kann. Andere Versuche am Gefäßpräparat des Frosches
machen es aber wahrscheinlich, daß die nach, unspezifischen Reizen
im Blute kreisenden Substanzen, die wir als Ursache der Erregbar-
keitsänderung ansehen, in der Tat auf die Nervenendapparate wir-
ken; denn sie verlieren nach vorheriger Atropinisierung des Frosch-
präparates ihre vasokonstriktorische Wirkung, verhalten sich also
darin wie das Adrenalin, während Barytsalze auch nach Atropin
wirksam bleiben. Dadurch wird bewiesen, daß die wirksamen Zer-
fallsprodukte ebenso wie Adrenalin entfernter vom Erfolgsorgan
angreifen als die Bariumionen, jedenfalls also noch an einem Teile
des Nervenendes im weitesten Sinne.
Daß die Wirkung der unspezifischen Reize auf indirektem
Wege zustande kommt, muß man schon aus ihrer langen Dauer
schließen. Besonders auffallend ist diese Nachwirkung von Caseo-
sanbehandlung, Bluttransfusion und Aderlaß auf die Erregbarkeit
der Speicheldrüse durch Pilokarpin. Sie dauert mehrere Wochen
bis zu zwei Monaten an. Die Nachwirkung der Vorbehandlung auf
die Adrenalinempfindlichkeit der Gefäße haben wir zeitlich nicht
bis zu Ende verfolgt; jedenfalls ist auch die Erregbarkeitssteigerung
für Adrenalin bis zur Dauer von einer Woche nachgewiesen. Diese
lange Dauer der Wirkung läßt sich gut mit der Hypothese vereini-
gen, daß sie von Produkten eines Zellzerfalls ausgeht, zu dem die
unspezifischen Reize den Anstoß geben. Die lange Nachwirkung
würde danach zur Voraussetzung haben, daß die als Ursache der
Reaktionsänderung angenommenen Zellzerfallsprodukte sehr lange
Zeit zirkulieren. Dies hat sich in der Tat für die milzbrandfeind-
lichen Stoffe des Kaninchenblutes nachweisen lassen (Dresel und
Freund1), und aus anderen Erfahrungen geht hervor, daß deren
Nachweisbarkeit beim Kaninchen mit anderen Wirkungen des Zell-
zerfalls parallel geht. Demnach muß man annehmen, daß der ein-
malige Reiz, den z. B. ein Aderlaß setzt, eine langdauernde Nach-
wirkung auf die dissimilatorischen Prozesse auslösen kann. In ähn-
lichem Sinne scheinen auch die klinischen Erfahrungen bei der
therapeutischen Anwendung unspezifischer Reize zu sprechen.
1 Dresel und Freund. Archiv f. exp. Path. u. Pharm. 1921. Bd. 91,
Seite 317.
 
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