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Freund, Hermann; Gottlieb, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1921, 3. Abhandlung): Studien zur unspezifischen Reiztherapie: über die Wirkungssteigerung autonomer Nervengifte als Reaktion auf die Umstimmung — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.41201#0023
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Studien zut unspezifischen Reiztherapie.

(B. 3) 23

Über die chemische Natur der Zellzerfallsprodukte, mit deren Zir-
kulieren wir die Reaktionsänderung in Zusammenhang bringen, kann man
bisher nichts aussagen. Nur ihre Alkohollöslichkeit ist durch Freund fest-
gestellt. Man wird also an „Lipoide“ z. B. an Phosphatide oder alkohollösliche
Produkte des Eiweißabbaus, vor allem an die proteinogenen Amine zu denken
haben. Dagegen wird durch den Befund der Alkohollöslichkeit die Beteiligung
von höheren Spaltungsprodukten des Eiweißes, die sonst physiologisch sehr
wirksam sind, unwahrscheinlich. In ihrer pharmakologischen Wirkung sind
die nach unspezifischen Reizen im Blute kreisenden Substanzen am ehesten
den biogenen Aminen vergleichbar. Doch ist damit über ihre Herkunft aus
Eiweiß oder etwa aus Phosphatiden, unter deren Spaltprodukten einige, wie
das Sphingosin, chemisch definiert sind, nichts ausgesagt.
Auch über die Beziehungen der wirksamen Substanzen zu einer Zustands-
änderung der Blutkolloide nach unspezifischen Reizen läßt sich nichts be-
stimmtes aussagen. Wie schon Freund auseinandergesetzt hat (1. c. S. 273/74),
sind die sicher nachgewiesenen Änderungen der Blutkolloide durchaus verein-
bar mit dem Befunde der Extrahierbarkeit wirksamer Abbaustoffe. Zwei
Auffassungen sind dabei möglich. Es kann die größere Labilität der Blut-
kolloide die Entstehung der Zerfallsprodukte veranlassen, oder aber das Auf-
treten der letzteren bewirkt eine Änderung des Milieus und damit des Zu-
standes der Kolloide. Die Tatsache, daß man die wirksamen Stoffe extrahieren
und an überlebenden Testobjekten ihre charakteristischen Reaktionen er-
halten kann, spricht im Sinne ihrer primären Bedeutung. Ob ihre Wirkung
auf die funktionierenden Gebilde dann in letzter Linie chemisch oder durch
eine physikalische Einwirkung auf die Kolloide in den Zellen selbst zu erklären
ist, läßt sich hier wie bei so vielen pharmakologischen Agentien nicht ent-
scheiden.
Aus unsern Versuchen lassen sich etwa die folgenden Schluß-
folgerungen ziehen. Die veränderte Reaktion auf gut dosierbare
Nervenendgifte des autonomen Systems (Adrenalin, Pilokarpin)
kennzeichnet einen Zustand von „Allergie“, der nach unspezi-
fischen Reizen (Caseosan, Aderlaß, Blutinjektion) entsteht. Die
Reaktionsänderung ist von auffallend langer Dauer. Nimmt man
an, daß sich die Erregbarkeit des autonomen Nervensystems für
die normalen adäquaten Reize in der gleichen Weise ändert, wie
wir es für die Wirksamkeit der Gifte dartun konnten, so wird bei
seiner Bedeutung für fast alle Organfunktionen die Vielgestaltig-
keit der nach unspezifischen Reizen klinisch beobachteten Erschei-
nungen verständlich. Die Vorbehandlung der Tiere bewirkt nach
unserer Auffassung diese Umstimmung dadurch, daß sie Zellzerfalls-
produkte von ungemein vielseitiger Wirksamkeit entstehen läßt.
Je nach der Stärke der angewandten Reize und je nach dem zeit-
lichen Verlaufe der durch den Reiz ausgelösten Reaktion kann diese
Wirksamkeit wechseln. Unter der Einwirkung der Zellzerfallpro-
 
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