Metadaten

Boll, Franz; Antiochus <Atheniensis>; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 16. Abhandlung): Griechische Kalender: 1. Das Kalendarium des Antiochos — Heidelberg, 1910

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32162#0010
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

Franz Boll:

Was nun den Kalender angeht, so wird er sich als offenhar
ägyptisch, d. h. für Ägypten bestimmt und dort entstanden, heraus-
stellen; es wäre jedoch übereilt, ihn deswegen dem Athener Antiochos
ahzusprechen, der ebensogut in Alexandreia gearbeitet haben kann
wie der Athener Apollodor. Auch ein anderes unter den Antiochos-
Exzerpten stehendes Kapitel (Gatal. I 163, 6) bringt ein Beispiel
für das „dritte Klima“, d. h. das von Alexandreia nach der üblichen
Einteilung in 7 KXijuaxa, wie sie in den TTpoxeipoi Kavoveg der
alexandrinischen Astronomen vorlag. — Eine Differenz um einen
Tag besteht zwischen dem Ansatz des Frühaufgangs der Canicula
in unserem Kalender nach den zwei Hss. MV (19. Juli) und clem in
einem ebenfalls ausdrücklich unter Antiochos’ Namen überlieferten
Kapitel TTepi xfjq xou Kuvög eTTixoXfjq (Gatal. IV 154): liier ist, astro-
nomisch für die Zeit des Antiochos nocli etwas genauer 4), der
30. Juli angegeben, wie auch die Hs. 0 unseres Kalenders hietet.
Die Übereinstimmung zwischen den beiclen Antiochos-Kapiteln ist
durch Annahme der Lesung von 0 leicht herzustellen, wie man
sieht; dennoch ist es keineswegs sicher, daß das auch berechtigt
wäre: denn im Kalender steht Kuvöi; emToXtj Kat’ AiYUTTTiou<;,
und der 19. Juli ist in der Tat das bei diesen übliche Datum. 5)
So wircl man, soweit sich die Untersuchung bis heute füliren lätT.
bei unserem Kalender einen stichhattigen Grund gegen die Urheber-
schaft eines um 200 n. Ghr. lebenden Antiochos nicht geltend machen
können, und er darf daher den überlieferten Verfassernamen unter
dem nötigen Vorbehalt bis zu besserer Erkenntnis weiterführen.

Da der Kalender für Ägypten bestimmt ist, so darf man wohl
voraussetzen, daß ursprünglich in ihm nach ägyptischen Monaten
dat.iert wurde, sei es ausschließlich oder unter Beifügung der
römischen Daten. Nur die letzteren haben sich erhalten: einem
ähnlichen Vorgang wird der Leser im 2. Heft dieser Studien beim
Kalencler der Quintilier begegnen.

4) Vgl. die Berechnung bei Wislicenus, Astronöm. Ghronol. S. 137 ff.

5) Ginzel, Handbuch der Glironol. I 188 verzeichnet die Angaben der antiken
Schriftsteller (hinzuzufügen ist Plin. NVIII 269 fere ubique confessum inter omnes
sidus ingens quod Canis ortum (!) vocamus, sole partem primam Leonis ingresso);
für den 20. führt er Solin c. 32, 13 an, wo er inter XIII K. Aug. et XI (20. —22. Juli)
stelit, sowie Censorin 21, 10 (mit Scaligers Verbesserung). Über die ägyptischen
Angaben s. ebenda S. 189 f. und 199.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften