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Boll, Franz; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 1. Abhandlung): Griechische Kalender: 2. Der Kalender der Quintilier und die Überlieferung der Geoponica — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32163#0025
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Griechische Kalender. U.

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Kaibels Annahme nnn handschriftlichen Sukkurs bekommt. Es ist
eine Frage für sich, wieweit sicli aus dieser Überlieferung direkte
Folgerungen ziehen lassen; nur ist es immerhin noch, vor allem
für die uns hier beschäftigende Untersuchung, ein sehr wesentlicher
Unterschied, ob ein Lennnatist einfach Namen erfindet oder ob
er ein Pseudepigraphon unter einem zwar objektiv urjzutreffenden,
aber ihm überlieferten Namen weitergibt. Für die Geoponica
noch mehr als für Arat halte ich den hier nur erst betreienen Weg,
nicht nur der gedruckten, sondern auch der handschriftlichen Pa-
rallelüberlieferung nachzugehen, für den am meisten geeigneten, die
ins Stocken geratene Quellenuntersuchung mit mehr Aussicht auf
Erfolg wiederaufzunehmen. 31)

Das Ergebnis der vorstehenden Erörterung ist, dah die in
Frage stehenden Kapitel bei Cassianus Bassus ohne Autorennamen
standen; daß aber keiner von clen drei Verfassernamen, die mit
den Kapiteln in alter Überlieferung in Verbindung gebracht sind,
einfach aus der Luft gegriffen ist: aus Cassianus Bassus’ Werk
stannnt ein Teil ja wirldich 32), mit Arats Versen sind sie am nächsten
verwandt, und die Ableitung aus Eudoxos, die vielleiciit wirkliche
Überlieferung ist, steht in Übereinstinuuung mit einer nocli keines-
wegs abgetanen modernen Plypothese. In der gleichen Weise wircl
auch weiterhin für jecles dieser Lemmata clie Frage erneuert werden
müssen, ob es auf einer wahren oder falschen Vermutung ocler auf
irgendwelcher Tradition beruht. 33) Die Überschrift Tujv KuvxiXicuv

von Böhmes und Kaibels Hypothese sehen konnte. Auch Wessely, Bruchstücke
einer antiken Schrift über Wetterzeichen, Sitzungsber. Wien. Akad. Ph.-H. Kl. 142
(1900), S. 40 f'. hütet sich vor allzugroßer Sicherheit in der Entscheidung.

31) Der Catalogus codicum astrologorum graecorum kann manclierlei Hilfe
dabei leisten, namentlich wenn erst noch die Pariser und Vatikanischen Hss. voll-
ständig beschrieben sind. Allein da er (namentlich in den frülieren Bänden) sich
auf' die astrologische Literatur im strengen Wortsinn beschränkt und selbst das
Astronomische fast durchaus beiseite läßt, so wird eine erneute Durcbforschung
und Verzeichnung dieser Kleinliteratur nicht ausbleiben können, wenn wir in
vielen Fragen über das bloße Meinen und scharfsinnige Hin- und Hervvenden
eines zum Urteil nicht zureichenden Materials hinauskommen wollen. Ich freue
micli, daf'ür auf die Bemerkung von Wilamowitz, Kultur der Gegenwart I 8, 234,
verweisen zu können.

32) Für die im Berol. 173 enthaltenen Kapitel ist es vielmehr viel wahr-
scheinlicher, daß sie — wie unser Quintilierkalender — nicht aus Cassianus Bassus’
Kompilation, sondern aus einer seiner Vorlagen exzerpiert sind. Vgl. meine Be-
merkung Catal. VII, 182, 1.

33) Ich glaube mich damit durchaus auf dem Wege von Oder zu befinden,
Sitzungsberichte ücr Heidelb. Akademie, phil.-hist. ICl. 1911. I. Abh.

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