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Bezold, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 2. Abhandlung): Astronomie, Himmelsschau und Astrallehre bei den Babyloniern — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32164#0021
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Babylonische Astronomie, Himmelsschau und Astrallehre. 2 I

Bibliothek Sardanapal’s. Gewiss wurden zur Zeit der Entstehung
dieser Texte Mond- und Sonnenerscheinunge.n sorgfältig beob-
achtet: so das Verschwinden der Mondsichel am Ende und das
Erscheinen der Neulichtsichel am Anfang des natürlichen Monats,
die Stellung des Mondes zur Sonne (während und nach der
Opposition), die Stellung seiner beiden »Hörner» zu den Planeten
und zu besonders hellen Fixsternen, desgleichen auch Stern-
bedeckungen, Sonnen- und Mondfinsternisse 82). Aber mit dem-
selben Eifer wurden auch die Hof- oder Halo-Erscheinungen
um Mond und Sonne samt ihren Farben und Durchbrechungen,
die Nebensonnen und der aschfarbene Schein der dunkeln Mond-
scheibe erforscht 83). Und neben den heliakischen Auf- und
Untergängen der Planeten und gewisser Fixsternbilder, den
Stillständen und der Opposition der ersteren und bestimmten
Konstellationen der letzteren wurde ebenso gewissenhaft die
Verhüllung oder Lichttrübung- eines Fixsterns durch atmo-
sphärische Dünste und die Stellung eines Planeten oder Fixsterns
innerhalb eines Mondhalos beobachtet 84).

Dass der Lauf des hellsten Planeten, der Venus in ihrer
auffallenden Erscheinung als Morgen- und Abendstern besonders
sorgfältig verfolgt wurde und deshalb schon verhältnismässig früh-
zeitig gut bekannt war, wird —• zumal wenn wir an das vorhin
(S. 8) über ihre Helligkeit im Orient Gesagte denken — nicht
auffällig erscheinen. Und doch lässt sich bis jetzt weder für
Venus noch für Merkur auch nur ungefähr die Zeit bestimmen,
in der die Babylonier — oder gar erst die Assyrer — deren
Identität als Morgen- und Abendstern sicher erkannten 85). Und
wenngleich — wie die spätbabylonischen Rechnungstafeln nahe-
legen und wie von Ptolemäus ausdrücklich bezeugt wird —•
schon in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts einige gute,
für den nachmaligen Kalkul brauchbare Beobachtungen von
Finsternissen aufgezeichnet wurden, so fehlte doch damals zur
längeren Vorhersagung einer Finsternis jede Grundbedingung,
und die Frage, ob einzelne Versuche einer solchen Voraus-
sagung ein oder zwei Tage vor der Opposition von Erfolg be-
gleitet waren, lässt sich bis jetzt nur in einem einzigen Falle
bejahen. Ja, es scheint sogar aus einer Reihe von Textstellen
in den Bibliothekstafeln hervorzugehen, dass jene Himmels-
schauer mitunter eine wirkliche »Finsternis« von einer durch
atmosphärische Einfiüsse entstandenen Verdunklung (der Sonne)
gar nicht scharf unterschieden haben 86). 2*
 
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