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Schubert, Hans von; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 3. Abhandlung): Die Anfänge des Christentums bei den Burgundern — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32165#0025
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Die Anfänge des Ghristentums bei den Burgundern.

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wurden, weil sie den Westgoten nahetraten, oder ob sie umgekehrt
den Westgoten nahetraten, weil die ganze Situation, aucli das ge-
meinsame arianische Glaubensbekenntnis, die lex gotica, sie an ihre
Seite führte, ist aus dem Vorstehenden nichts zu entnehmen.
Nehmen wir aber an, dafis um 457 infolge der engen Be-
ziehungen zu den Westgoten der Übertritt vom Katholizismus zum
Arianismus erfolgt sei. Dann wäre also das Volk nach mehr als
vierzigjährigem, also gewiß einigermaßen eingewurzeltem Katholizis-
mus noch kaum ebensolange arianisch gewesen, als die bekannten
Ereignisse zur Taufe des Franken Ghlodwig führten. Für cliese letz-
tere Zeit aber haben wir in den Briefen cles ebenso tatkräftigen wie
weitblickenclen Politikers und Bischofs Avitus von Vienne clie beste
Quelle und befmden uus damit encllich auf völlig gesichertem Boclen.24)
Ei* kämpft von clem altberühmten Sitz im neuen Burgunderreich
aus mindestens seit 494 unentwegt, mit zähester Energie für den
Sieg cler katholischen Sache im Burgundervolke und in der burgun-
dischen Königsfamilie, es ist geradezu sein Lebenskampf. Aber keine
Zeile verrät, claß clieses Volk eine nicht eben weit zurück-
liegende lange katholische Vergangenheit gehabt habe,
clah diese Gewinnung nur eine Wiedergewinnung verlorenen Terrains
gewesen sei. Seine geschichtliche Orientierung war die denkbar
beste. Geboren mit grober Wahrscheinlichkeit in Vienne selbst, wo
schon sein Vater (nach 475) Bischof war, verwanclt mit Kaiser Avitus,
seinem Sohn Ecdicius, clessen Namen er selbst trug, und seinem
Schwiegersohn Apollinaris Sidonius, also mit clen Personen, clie in die
Geschicke Galliens uncl spezieil clie burgundisch-westgotisch-römischen
Beziehungen undKämpfe, zumal jener für den burgunclischen Glaubens-
wechsel angeblich entscheiclenden Jahre 456/8 am allertiefsten ver-
flochten waren, mußte er mit clen wichtigen Vorgängen seit der Mitte
des Jahrhunderts vertraut sein wie wenige. Zu diesen aber gehörte für
einen Mann, der wie er erfüllt war von römisch-hierarchischen Idealen
und, wie sein prophetischer Brief an Ghlodwig beweist, cliese reiigiös-
politischen Dinge im weitesten Zusammenhange zu schauen ver-
mochte, sicher cler Abfall cles burgunclischen Stammes in dem Mo-
ment, da er sich zu neuer Macht emporreckte; tatsächlich ist
eben durch diesen burgunclischen Arianismus zwischen dem west-
24) Ed. Peiper, Mon. Germ. auct. ant. VI, 2. Zu allgemeiner Orientierung'
dient der Artikel v. Arnold in Haucks Real-Enz.3 II, 318 ff., zur genaueren Frantz,
Avitus v. Vienne als Hierarch u. Politiker (1908, Greifsw. Diss., der Aufgabe doch
nicht gewachsen).
 
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