54 C. Bezold u. Fr. Boll: Reflexe astrol. Keilinschriften bei griech. Schriftstellern.
der namhaften griechischen Astrologen, eines Ptolemaios oder
selbst eines Vettius Valens,*) zeigt, ist zum allergrössten Teil
von völlig anderer Art, weil sie, auf dem Untergrund alter
religiöser Traditionen des Orients ruhend, dennoch mit den
Mitteln der wissenschaftlichen Astronomie weiterbaut an jenem
unerfreulichen Labyrinth, das die Mysterien der äjioxe^so^uaxcxr]
xs'/yr} beherbergt. Bei der höheren Bedeutung dieser Schriften
für den Glauben und die Wissenschaft des Altertums seit dem
Hellenismus ist es begreiflich, dass die Bearbeiter des Catalogus
codicum astrologorum graecorum nicht eben jene primitiven, mit
ihren ewigen Wiederholungen des Gleichen so ermüdend wir-
kenden Mondbücher u. s. w. in erster Linie bei ihren vorläufigen
Editionen bevorzugen mochten: wenn wir dennoch schon eine
gute Anzahl kennen, so war die leitende Absicht dabei einmal
die Förderung der Quellenfrage bei Johannes Lydus, dann das
sprachliche Interesse. Nachdem sich nun aber an einigen Punkten
ein direkter Zusammenhang dieser schematischen Texte mit den
Keilinschriften hat feststellen lassen, wird man auch sie im ganzen
Umfang zugänglich machen müssen, 1 2) um dadurch vielleicht
hier und dort das Verständnis der babylonischen Vorlagen zu
fördern und für das Verhältnis von Griechen und Orientalen
neue bestimmte Anhaltspunkte zu gewinnen.
1) Wer sich den Weg vergegenwärtigen will, der von der alten babyloni-
schen Astrologie bis zur ausgebildeten griechischen zurückzulegen war, mag etwa
das Sätzchen Iitar iit, 35 (vgl. Jastrow, Rel. Babyl. II, 700), mit dem eine
babylonische »Einleitung in die Himmelsschaukunde« sich begnügen konnte
(»Nähert sich Mars dem Jupiter, so wird der König von Akkad sterben, aber der
Feldertrag gedeihen«), mit den 13 Druckseiten bei dem ganz von seinen griechiscli-
römischen Vorgängern abhängigen Firmicus Maternus III 4 vergleichen. Dort die
ganz naiven Anfänge, die über die allgemeine Annahme von Mars als Unheil-
stifter und Jupiter als Segensplanet noch nicht hinausfinden; hier der künstliche
Aufbau jenes »Systems«, das zum ausgedehnten Betrieb individueller Geneth-
lialogie allein die ungezählten Kombinationsmöglichkeiten gewähren konnte. Die
Keilschrifttexte lehren unwidersprechlich, dass dieses »System« nicht den Anfang,
sondern dasEnde bildet. Die Anfänge auch der Genethlialogie müssen sich übri-
gens nach den bekannten Aeusserungen von Eudoxos und Theophrast noch auf
dem Boden des Orients, der chaldäischen Lehre, entwickelt haben (vgi. auch
Sitzber. S. 50); aber eine Zeit, in der der unumschränkte Herrscher sich mit so
überaus primitiven Bescheiden seines Hofastrologen begnügen musste, hat für die-
niedriger Stehenden natürlich erst recht keine dem König verschwiegene »Wissen-
schaft« besitzen können.
2) Die Publikation aller Brontologien in den Pariser griechischen Hss durch
Pierre Boudreau im Catal. VIII, 3 ist in Bälde zu erwarten.
der namhaften griechischen Astrologen, eines Ptolemaios oder
selbst eines Vettius Valens,*) zeigt, ist zum allergrössten Teil
von völlig anderer Art, weil sie, auf dem Untergrund alter
religiöser Traditionen des Orients ruhend, dennoch mit den
Mitteln der wissenschaftlichen Astronomie weiterbaut an jenem
unerfreulichen Labyrinth, das die Mysterien der äjioxe^so^uaxcxr]
xs'/yr} beherbergt. Bei der höheren Bedeutung dieser Schriften
für den Glauben und die Wissenschaft des Altertums seit dem
Hellenismus ist es begreiflich, dass die Bearbeiter des Catalogus
codicum astrologorum graecorum nicht eben jene primitiven, mit
ihren ewigen Wiederholungen des Gleichen so ermüdend wir-
kenden Mondbücher u. s. w. in erster Linie bei ihren vorläufigen
Editionen bevorzugen mochten: wenn wir dennoch schon eine
gute Anzahl kennen, so war die leitende Absicht dabei einmal
die Förderung der Quellenfrage bei Johannes Lydus, dann das
sprachliche Interesse. Nachdem sich nun aber an einigen Punkten
ein direkter Zusammenhang dieser schematischen Texte mit den
Keilinschriften hat feststellen lassen, wird man auch sie im ganzen
Umfang zugänglich machen müssen, 1 2) um dadurch vielleicht
hier und dort das Verständnis der babylonischen Vorlagen zu
fördern und für das Verhältnis von Griechen und Orientalen
neue bestimmte Anhaltspunkte zu gewinnen.
1) Wer sich den Weg vergegenwärtigen will, der von der alten babyloni-
schen Astrologie bis zur ausgebildeten griechischen zurückzulegen war, mag etwa
das Sätzchen Iitar iit, 35 (vgl. Jastrow, Rel. Babyl. II, 700), mit dem eine
babylonische »Einleitung in die Himmelsschaukunde« sich begnügen konnte
(»Nähert sich Mars dem Jupiter, so wird der König von Akkad sterben, aber der
Feldertrag gedeihen«), mit den 13 Druckseiten bei dem ganz von seinen griechiscli-
römischen Vorgängern abhängigen Firmicus Maternus III 4 vergleichen. Dort die
ganz naiven Anfänge, die über die allgemeine Annahme von Mars als Unheil-
stifter und Jupiter als Segensplanet noch nicht hinausfinden; hier der künstliche
Aufbau jenes »Systems«, das zum ausgedehnten Betrieb individueller Geneth-
lialogie allein die ungezählten Kombinationsmöglichkeiten gewähren konnte. Die
Keilschrifttexte lehren unwidersprechlich, dass dieses »System« nicht den Anfang,
sondern dasEnde bildet. Die Anfänge auch der Genethlialogie müssen sich übri-
gens nach den bekannten Aeusserungen von Eudoxos und Theophrast noch auf
dem Boden des Orients, der chaldäischen Lehre, entwickelt haben (vgi. auch
Sitzber. S. 50); aber eine Zeit, in der der unumschränkte Herrscher sich mit so
überaus primitiven Bescheiden seines Hofastrologen begnügen musste, hat für die-
niedriger Stehenden natürlich erst recht keine dem König verschwiegene »Wissen-
schaft« besitzen können.
2) Die Publikation aller Brontologien in den Pariser griechischen Hss durch
Pierre Boudreau im Catal. VIII, 3 ist in Bälde zu erwarten.