Metadaten

Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 9. Abhandlung): Eros und Psyche — Heidelberg, 1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32171#0004
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rudoif Pagenstecher:

an Gräbern sifczende Gestalt aufzufassen sei, die uns attische
und unteritalische Vasenbilder darstellen * 4); und doch weist, auch
wenn der Charongroschen in der Hand einer jener Figuren nur
eine Täuschung war 5), ibre Verbindung mit Hermes, ihre Zu-
sammenstellung mit dem ihrer harrenden Totenfährmann mit
Sicherheit auf die eigentliche Bedeutung hin. 6)

Klarer wird uns diese Beziehung, wenn das Seelchen zwar
Menschenform behält, aber als kleiner Genius, einem Vögelchen
gleich, die Luft durchschwirrt, mit anderen Keres und Eidola
zusammen das Grab umflattert oder sich mit ihnen im Nachen
des Charon drängt. 7) Idier findet Beflügelung statt, das Abbild
des Lebens verliert sich mehr und mehr; nur die strenger ar-
chaische Kunst bildete auch diese kleine Seele noch in der Ge-
stalt des Toten, gewappnet, wenn sie mit dem letzten Hauche
des Sterbenden dem Munde des Kriegers enteilt. 8)

Und auch ganz als Vogel ward die Seele gebildet schon seit
uralten Zeiten. Zusammen mit diesem Gedanken geht ihre Dar-
stellung als Fledermaus, Biene 9) und Fliege — und als Schmetter-
ling. Schmetterling und Vogel haben sich am längsten, zum Teil
bis in die christliche Kunst hinein, als Symbole der See-le er-
halten 10); mit den Flügeln dieser beiden Tiere stattete man den
Körper des Mädchens aus, das späterer Zeit das Zeichen der
Seele ward. Psyche isi der Name eines Schmetterlings, des
Nachtfalters; aber man hat bisher diese Bezeichnung nicht bis
in die Zeit zurückverfolgen können, in welcher bereits gesicherte
Abbildungen des Seeienschmetterlings nachzuweisen sind, doch

U Fairbanks, Lelcythoi passim; vgl. meine „TJnteritalische Grabdenk-

mäler“ (im Druck).

5) Wolters, Athen. Mitt., 1891, S. 403; IIolwerda, Die attischen
Gräber der Blütezeit, S. 79.

6) Im allgemeinen zu vgl. Pottier, Les lecythes blancs.

7) Furtwängler, Ärchiv für Religionsuiissenschaft, VIII, 191, 194;
Roscher, III 2, s. v. Porthmeus Abb. 1 und 2.

s) Annali, 1883, Tav. Q; vgl. Roscher, III 2, S. 1711, Abb. 12; 3223,
Abb. 13 ; 3225, Abb. 14; gewogene Eidola sind auf dem „Gegenstück der
Ludovisischen Thronlehne“, Jalirbuch, XXVI, 1911, Taf. 1, nach Studniczka,
ebenda, S. 141 fi., nicht zu erkennen.

9) Über Bienen im Volksglauben außer Cook im Journal Jlell. St., XV,
1895, S. lff., und K. Knortz, Die Insekten in Sage, Sitte und Literatur, S. lff.,
E. Fehrle in „Die kultische Keuschheit im Altertum“, S. 56f., sowie ,,Ale-
mannia“, III, 45fi.

10) v. Sybel, Cliristliche Antike, I, 171.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften