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Rudolf Pagenstecher:
Die Gmppierung des jugendlichen Paares, des Mädchens mit
deni Knaben Eros, hat einen anderen Ursprung, der mit dem ge-
quälten Schmetterling nichts gemein hat.
In der strengen Kunst stellt der Gott der Liebe vorzugs-
weise den Männern und Jünglingen nach 18), ihnen ist er gesellt,
ihre gegenseitigen Beziehungen deutet er an, wenn er von einem
zum andern fliegt. Allmählich aher verbindet er auch den Mann
der Frau, beteiligt sich an den Lustbarkeiten der Mädchen. Hatte
er im Anfang sich an den Sclroß der Aphrodite gelehnt, mit ihr
gespielt und getändelt 19), so dient er jetzt der Braut, umhalst
und küßt sie 20), mischt sich unter ihre Gespielinnen und andere
Jungfrauen, die er hascht, jagt und quält 21), im Ephedrismos
auf ihrem Rücken sitzend. 22) Wie Eros die Seelen der Mädchen
beherrscht, sie beglückt und beseligt, aber auch grausam peinigt,
können wir auf Vasenbildern und an Terrakotten lückenlos ver-
folgen.
Da man aber der menschlichen Seele als solcher Flügel zu-
sprach, war der Schritt nicht schwer zu tun, nun auch diese
Mädchen zu beflügeln, so gewissermaßen eine personifizierte
Psyche zu schaffen, die deutlicli erkennbar in literarischer Über-
lieferung, verknüpft mit der Person einer Ivönigstochter, erst im
Märchen des Apulejus erscheint. 23) Die beflügelte Seele als selb-
ständiges Wesen hat, soweit wir bis jetzt die Tatsachen über-
blicken können, die Kunst geschaffen.
Sehen wir auf das ängstlich geduckte Mädchen, welches, zu-
18) Furtwängler, Roscher s. v. Eros, S. 1353.
19) Z. B. Arch. Zlg., 1867, Taf. 220, Eros an der Schulter der Mutter
lehnend, die Pfeil und Bogen hält, Tonform in Bonn, B. J. B. 1897, Taf. YI,
doch scheint die Deutung auf die Göttin nicht sicher nach Brückner, Ana-
Jcahjpteria, S. 14 ; Tischbein, Vases Hamilton, III, 23 ; Mite ceram., IV, 41.
Eros Frauen umarmend ebenda, Taf. 14, 40—43.
20) Brückner, a. a. 0.
21) Ich nenne : Compte rendu, 1870/71, Taf. 6 ; ebenda Text 1872, 143,
156 ; Arch. Ztg.', 1853, Taf. 57 ; ebenda 1879, Taf. 10, Eros faßt liebekosend
die Brust des Mädchens, eine Geste, über die man die hübschen Betrach-
tungen von C. A. Böttiger, Kleine Schriften, II, 256 ff., vergleichen möge ;
Arch. Ztg., 1871, Taf. 56, 2.
22) Kekule, Terrakotten von Sizilien, XLVI ; Laborde, Vases Lamberg,
I, 47 (Reinach, Rep. vases, II, 191).
23) Ob erst der Dichter dadurch, daß er der Geliebten des Eros den
Namen der Psyche gab, die Sage in der uns bei ihrn vorliegenden Form ge-
schaffen hat, muß freilich fraglich bleiben,
Rudolf Pagenstecher:
Die Gmppierung des jugendlichen Paares, des Mädchens mit
deni Knaben Eros, hat einen anderen Ursprung, der mit dem ge-
quälten Schmetterling nichts gemein hat.
In der strengen Kunst stellt der Gott der Liebe vorzugs-
weise den Männern und Jünglingen nach 18), ihnen ist er gesellt,
ihre gegenseitigen Beziehungen deutet er an, wenn er von einem
zum andern fliegt. Allmählich aher verbindet er auch den Mann
der Frau, beteiligt sich an den Lustbarkeiten der Mädchen. Hatte
er im Anfang sich an den Sclroß der Aphrodite gelehnt, mit ihr
gespielt und getändelt 19), so dient er jetzt der Braut, umhalst
und küßt sie 20), mischt sich unter ihre Gespielinnen und andere
Jungfrauen, die er hascht, jagt und quält 21), im Ephedrismos
auf ihrem Rücken sitzend. 22) Wie Eros die Seelen der Mädchen
beherrscht, sie beglückt und beseligt, aber auch grausam peinigt,
können wir auf Vasenbildern und an Terrakotten lückenlos ver-
folgen.
Da man aber der menschlichen Seele als solcher Flügel zu-
sprach, war der Schritt nicht schwer zu tun, nun auch diese
Mädchen zu beflügeln, so gewissermaßen eine personifizierte
Psyche zu schaffen, die deutlicli erkennbar in literarischer Über-
lieferung, verknüpft mit der Person einer Ivönigstochter, erst im
Märchen des Apulejus erscheint. 23) Die beflügelte Seele als selb-
ständiges Wesen hat, soweit wir bis jetzt die Tatsachen über-
blicken können, die Kunst geschaffen.
Sehen wir auf das ängstlich geduckte Mädchen, welches, zu-
18) Furtwängler, Roscher s. v. Eros, S. 1353.
19) Z. B. Arch. Zlg., 1867, Taf. 220, Eros an der Schulter der Mutter
lehnend, die Pfeil und Bogen hält, Tonform in Bonn, B. J. B. 1897, Taf. YI,
doch scheint die Deutung auf die Göttin nicht sicher nach Brückner, Ana-
Jcahjpteria, S. 14 ; Tischbein, Vases Hamilton, III, 23 ; Mite ceram., IV, 41.
Eros Frauen umarmend ebenda, Taf. 14, 40—43.
20) Brückner, a. a. 0.
21) Ich nenne : Compte rendu, 1870/71, Taf. 6 ; ebenda Text 1872, 143,
156 ; Arch. Ztg.', 1853, Taf. 57 ; ebenda 1879, Taf. 10, Eros faßt liebekosend
die Brust des Mädchens, eine Geste, über die man die hübschen Betrach-
tungen von C. A. Böttiger, Kleine Schriften, II, 256 ff., vergleichen möge ;
Arch. Ztg., 1871, Taf. 56, 2.
22) Kekule, Terrakotten von Sizilien, XLVI ; Laborde, Vases Lamberg,
I, 47 (Reinach, Rep. vases, II, 191).
23) Ob erst der Dichter dadurch, daß er der Geliebten des Eros den
Namen der Psyche gab, die Sage in der uns bei ihrn vorliegenden Form ge-
schaffen hat, muß freilich fraglich bleiben,