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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 9. Abhandlung): Eros und Psyche — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32171#0008
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8

Rudolf Pagenstecher:

behren sämtlich der FKigel, und daß Tonfiguren des zvveiten vor-
christlichen Jahrhunderts beflügelt sind, lehrt nur, daß man dieses
Paar anch ins Göttliche iibersetzte, Eros mit der nun schon be-
kannten Psyche paarte oder ihm doch eine geflügelte Ge-
nossin gab. 31)

Aus dem seit alters vorhandenen Seelenschmetterling und
der bei Platon erhaltenen oben erwähnten Vorstellung, ist die
Darstellung des den Schmetterling quälenden Eros herzuleiten.
Derselbe philosophische Gedanke ergab in Verbindung mit den
bekannten Bildern des Mädchen kosenden Eros die Gruppe der
von ihni beseligten Psyche als Faltermädchen. Ist das richtig,
so kann erst aus einer Vereinigung dieser beiden Gedanken die
Peinigung des geflügelten Mädchens entstanden sein. AVir
haben dieses Mädchen bisher nur mit Schmetterlingsflügeln konnen
gelernt, nur z'u diesen ist es seinem Namen und der von uns ge-
gebenen Ableitung nach berechtigt. Daß in späterer Zeit das
durcheinanderging, daß Eros Falterflügel erhält 32), Psyche aber
mit den Fittichen cles Vogels ausgestattet wird, kann uns nicht
venvundern. Aber wenn im vierten vorchristlichen Jahrhündert
Eros in innigem Verein mit einem mit mächtigen Flügeln ge-
schmückten Mädchen dargestellt wird, so gibt das doch zu Be-
denken Anlaß. 33) Dürfen wir auch hier seine Genossin noch
Psyche nennen? Nacli dem bisher Ausgeführten haben wir hier-
zu kein Recht, und es scheint, daß Petersens Deutung auf Nike
nur deswegen nicht allgemein angenommen wurde, weil er die
Begründung, warum es nicht Psyche sein könne, sclruldig blieb. 34)

Daß Eros nicht nur mit Psyche in engem Verein dargestellt
worden ist, erweist uns außer diesem Bronzezierat noch eine

Ztg., 1884, S. 15. Dieses Fehlen der Flügel an den Nachbildungen ist zu
wichtig, als daß man es beiseite lassen dürfte. Das hat mit der bekannten
willkiirlichen Fortlassung der Flüg'el nichts zu tun (Petersen, Röm. Miitt,,
1901, S. 73). Anders wäre es, wenn nur die kapitolinische Gruppe das Paar
ungeflügelt bieten wiirde. Ebenso Waser, S. 3247.

31) Waser, a. a. 0., S. 3246ff.

32) Die praenestinische Ciste, Annali, 1877, 189ff., wäre allein nicht
entscheidend. Wichtiger sind die Terrakotten aus Kleinasien (Waser, a. a. 0.),
die beweisen, daß im Kreise des Gedankens, Eros mit dem Schmetterling zu
verbinden, dessen Flügel selbst auf ihn iibertragen wurden.

33) Röm. Mitt., 1901, S. 71, Abb. 2 (Petersen), nach Arch. Ztg., 1884,
Taf. I (Wolters).

34) Bulle in Roschers Lexikon s. v. Nike, S. 309 ; dagegen Waser,
a, a. 0., S. 3248.
 
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