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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 9. Abhandlung): Eros und Psyche — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32171#0029
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Eros und Psyche.

29

Das erste dieser Reihe, welches aus Tarent nach Triest ge-
kommen ist 145), kann ich hier zum ersten Male fast vollständig
abbilden [Taf. II a], nachdem die linke Hälfte, von welcher Frag-
mente schon früher hekannt waren, zum Teil bereits eine ein-
gehende Besprechung gefunden hat. 146) Für uns kommt zunächst
als Ergänzung npr ein in der Heidelberger Sammlung befmd-
lich.es, auch seinerseits in Tarent gefundenes Bruchstück in Be-
tracht, das den architektonischen Abschluß an der linken Seite
der Darstellung zum ersten Male hringt. Eine Kombination
heider Stücke stellt uns eine Szene vor Auge-n, bei deren Be-
trachtung wir ohne weiteres auf allerengste Verwandtschaft mit
dem lokrischen Wagenrelief geführt werden. 147)

Die beiden Flügelwesen, welche hier dem Gefährt voraus-
schwehen, hilden — man darf das aussprechen, ohne sich einer
Übertreibung schuldig zu machen — eine der schönsten Verhin-
dungen zweier Personen, welche die gesamte antike Kunst ge-
schaffen hat. Gewaltig ist, verglichen mit dem Lokrirelief, der
Fortschritt, den die Hand des Künstlers in der verhältnismäßig
kurzen Zeil gemacht hat. Aus dem Nebeneinander ist e-in inniges
Miteinander geworden. Der Knabe, doch hier müssen wir schon
von einem Jüngling reden, hat seinen rechten Arm um die Schulter
des Mädchens gelegt, das leise mit der Hand seine linke Flüfte
umfaßt. So schweben sie ruhig und gleichmäßig, beide von großen
Fittichen getragen, miteinander daher. Im Gegensatz zu dem
ganz nackten Jüngling trägt das Mädchen ein fließendes, die
Körperformen voll zur Erscheinung bringendes, ungegürtetes
dünnes Gewand. Ihr Antlitz ist nach vorne gerichtet. Die rechte
Hand faßt herniederhängend das im Winde sich bauschende
Kleid. Lebhafter, zu seiner Gefährtin in schön empfundenen
Gegensatz gestellt, bewegt sich der Jüngling: scharf rückwärts
ist. das Haupt gewandt, dorthin auch streckt sich die linke Handg
den Apfel der Göttin weisend.

Diese steht in breiter Vorderansicht. vor uns, lä.ssig in der
Rechten die nicht angedeuteten Zügel führend. Die linke Hand,

145) Abbildung nach der Photographie Alinari, 21164.

146) Petersen, a. a. 0. Bulle bei Roscher, s. v. Nike ; Waser, ebdt.,
s. v. Psyche, 3247 f.

147) Die anschließende Nebens-eite zeigt einen Teil der E. V. 598, 844 er-
kennbaren Dekoration. Daß sich das Relief nach rechts im Wagen der Aphro-
dite fortsetzt, hatte schon Petersen, a. a. 0., richtig vermutet.
 
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