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Pagenstecher, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 9. Abhandlung): Eros und Psyche — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32171#0038
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38

Rudolf Pagenstecher :

zeigt besser als diese Komposition, wie völlig neben den Gott
der Liebe die Göttin des Sieges getreten ist. So dürfen wir ohne
Scheu atich dieses Paar unter dem Joche der tarentinischen
Aphrodite erkennen.

IV.

Für Eros und Psyche hat unsere Untersuchung bisher nur
negative Resultate gehabt. Sie hat erwiesen, daß neben sterb-
liche Mädchen als Genossinnen des Liebesgottes auch Göttinnen
getreteri sind. Und wenn auch seinePaarung mitPeitho eine ver-
einzelte geblieben zu sein scheint, so hat doch diejenige mit Nike
kein so schnelles Ende gefunden. Ihr Zusammensein im Ge-
spann der Aphrodite kommt zwar nicht rnehr vor, hier bleibt
es bei der gewöhnlichen Darstellung des von Eroten gezogenen
Wagens; aber es ist keineswegs ausgemacht, daß in allen jenen
mit Vogelflügeln ausgestatteten Geliebten des Eros Psyche mit
Sicherheit zu erkennen sei. 194) Immerhin beginnt sie eine so be-
vorzugte Stellung einzunehmen, daß neben ihr der Gedanke an
Nike entschwindet. Von der Siegesgöttin mag sie die Fittiche
des Vogels übernommen haben, die Erinnerung an jene wird
langsam verblaßt sein. Doch ist bemerkenswert, daß in den-
jenigen Darstellungen, in welchen Psyche mit unumstößlicher
Sicherheit zu erkennen ist, nur Schmetterlingsflügel, nie die des
Vogels erscheinen; so auf den Sarkophagen, die uns Psyche als
Seele des Menschen oder während der Hochzeit mit Eros zeigen,
so auf einer allerliebsten ägyptischen Lampe, welclie das Flügel-
mädchen sich über den schlafenden Geliebten beugen läßt
[Taf. IIIb]: und es ist kein Drache, sondern der Gott der Liebe
selbst, mit dem sie das Lager teilt; neben ihm die Lampe weist.
es der Zweifelnden! 195) Man wird kaum Bedenken tragen, diese
Szene auf das Märchen des ilpulejus zurückzuführen. Die Kunst
gab also der Königstochter die Flügel, die ihr der Dichter versagte.

Mit zwei kleinen Monumenten der Ideidelberger Sammlung
wollen wir diese Ausführungen schließen.

194) WOLTERS, Arch. Ztg., 1884.

195) Ich kann die Lampe hier nach einem für den 2. Band der
Ernst von SiEGLiN-Publikation hergestellten Klischee mit gütiger Erlaubnis
Th. Schreibers abbilden.
 
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