ΧΑΡΗΤΟΣ ΓΝΩΜΑΙ.
7
Der gnomische Imperativ (oder Prohibitiv) steht jeweils als
Einzelvers an der Spitze und wird in zwei (Nr. II, IX) oder mehr,
mindestens bis zu vier (fr. 1 NAUCii) nachfolgenden Zeilen ge-
rechtfertigt. Auch an den betreffenden imperativen oder pro-
hibitiven Monosticha selbst, welche gleichsam als das Gerippe
der ganzen Paränese erscheinen, meine ich Spuren einer ge-
wissen einheitlichen, handwerksmäßig mechanischen Schablone
erkennen zu können. Ich denke da besonders an die häufige
Umschreibung der Befehle mit dem bequemen πεφώ^), auch
an das Allerweltsadverb πανταχοΰ^) u. dgl. Dabei sind solche
Formularien noch nicht einmal immer Eigentum unsres Autors.
Er zeigt sich schon darin abhängig einmal von den Spruch-
sammlungen in Prosatsf sodann aber, und vor allem, von
seinem metrischen Vorbild, der tragischen Dichtung. Durfte man
schon den früher erhaltenen Iamben des Chares tragischen Stil
vindizieren, so zeigt uns der neue Papyrus kaum einen einzigen
Ausdruck oder eine Wortverbindung, die in ihrer Verknüpfung
mit der Verstechnik nicht bereits von einem Tragiker, in erster
Linie natürlich von Euripides, öfters aber auch von Sophokles
vorgebildet wäreA)
Literarhistorisch wertvoll wird der neugefundene, an sich
recht unbedeutende Spruchdichter Chares dadurch, daß wir ihn
zeitlich sicher einreihen können. Da der Papyrus selber ins
frühe dritte Jahrhundert vor Chr. gehört (s. Abschnitt II), so
muß die Abfassung des Textes spätestens dem Laufe des vierten
entstammen, während sich ein Zurückgehen über dieses hinaus
allein schon durch die Nachahmung der fertigen und geläufigen
klassischen Tragödie verbietet. Ziemlich richtig war also der
chronologische Ansatz von BERGK und unrichtig die Ansicht
von WiLAMOWiTZ, Chares habe erst nach Apollodor von Athen,
d. h. frühestens am Ende des zweiten Jahrhunderts vor Chr.,
gelebt.
Neues lernen wir jetzt formell für die Iambographie und
sachlich für die gnomische Poesie des vierten Jahrhunderts.
Vgl- fr. 1, 1 N., sodann V. 25 (fr. 2, 1, N.) und V. 8, und hauptsächlich
unsre Bemerkung zum letzteren.
S. den Kommentar zu V. 22, vgl. auch ebenda zu μάλιστα und V. 36 zu μόνη.
S. zu den Versen 8 (ττείρώ) und 5 (έλτπίίξ), auch zu 22 (πανταχοΟ) und
36 (μόνη).
Nachweise im Kommentar zu den einzelnen Versen.
7
Der gnomische Imperativ (oder Prohibitiv) steht jeweils als
Einzelvers an der Spitze und wird in zwei (Nr. II, IX) oder mehr,
mindestens bis zu vier (fr. 1 NAUCii) nachfolgenden Zeilen ge-
rechtfertigt. Auch an den betreffenden imperativen oder pro-
hibitiven Monosticha selbst, welche gleichsam als das Gerippe
der ganzen Paränese erscheinen, meine ich Spuren einer ge-
wissen einheitlichen, handwerksmäßig mechanischen Schablone
erkennen zu können. Ich denke da besonders an die häufige
Umschreibung der Befehle mit dem bequemen πεφώ^), auch
an das Allerweltsadverb πανταχοΰ^) u. dgl. Dabei sind solche
Formularien noch nicht einmal immer Eigentum unsres Autors.
Er zeigt sich schon darin abhängig einmal von den Spruch-
sammlungen in Prosatsf sodann aber, und vor allem, von
seinem metrischen Vorbild, der tragischen Dichtung. Durfte man
schon den früher erhaltenen Iamben des Chares tragischen Stil
vindizieren, so zeigt uns der neue Papyrus kaum einen einzigen
Ausdruck oder eine Wortverbindung, die in ihrer Verknüpfung
mit der Verstechnik nicht bereits von einem Tragiker, in erster
Linie natürlich von Euripides, öfters aber auch von Sophokles
vorgebildet wäreA)
Literarhistorisch wertvoll wird der neugefundene, an sich
recht unbedeutende Spruchdichter Chares dadurch, daß wir ihn
zeitlich sicher einreihen können. Da der Papyrus selber ins
frühe dritte Jahrhundert vor Chr. gehört (s. Abschnitt II), so
muß die Abfassung des Textes spätestens dem Laufe des vierten
entstammen, während sich ein Zurückgehen über dieses hinaus
allein schon durch die Nachahmung der fertigen und geläufigen
klassischen Tragödie verbietet. Ziemlich richtig war also der
chronologische Ansatz von BERGK und unrichtig die Ansicht
von WiLAMOWiTZ, Chares habe erst nach Apollodor von Athen,
d. h. frühestens am Ende des zweiten Jahrhunderts vor Chr.,
gelebt.
Neues lernen wir jetzt formell für die Iambographie und
sachlich für die gnomische Poesie des vierten Jahrhunderts.
Vgl- fr. 1, 1 N., sodann V. 25 (fr. 2, 1, N.) und V. 8, und hauptsächlich
unsre Bemerkung zum letzteren.
S. den Kommentar zu V. 22, vgl. auch ebenda zu μάλιστα und V. 36 zu μόνη.
S. zu den Versen 8 (ττείρώ) und 5 (έλτπίίξ), auch zu 22 (πανταχοΟ) und
36 (μόνη).
Nachweise im Kommentar zu den einzelnen Versen.