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Schwally, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 17. Abhandlung): Beiträge zur Kenntnis des Lebens der mohammedanischen Städter, Fellachen und Beduinen im heutigen Ägypten — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32892#0028
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Friedrich Schwally:

iu Halbdunkel gehütlte Bazar strahlte heute in wundervollem Lichte.
Das ganze Quartier war auf den Beinen, nur von Frauen war
nichts zu sehen. Die dort ansässigen Kaufleute und Handwerker
hockten mit Verwandten und Freunden vor ihren geschlossenen
Läden. Kam ein Bekannter vorüber, so mußte er wenigstens einige
Minuten Platz nehmen und sich mit Thee1 und Limonade bewirten
lassen. Junge Burschen und Kinder beiderlei Geschlechts trieben
allen möglichen Mutwillen. Andere stellten sich in Reihen auf und
imitierten ein Zikr, wobei sie die oben beschriebenen Bewegungs-
a*rten ins Komische übertrieben. Ab und zu erschien der baum-
lange Nachtwächter (Ghafir) des Quartieres und trieb sie mit seinem
Prügel auseinander.
In meiner Nälie, etwa 80 Schritte voneinander, hatten sich
zwei Fikih niedergelassen, die abwechselnd Süren und Lobpreisungen
Hosen’s vortrugen, wobei sie sich mit ihren Stimmen zu überbieten
suchten. Um jeden Rezitator bildete sich ein engerer Kreis von
Zuhörern, die aus Leibeskräften applaudierten und ebenfalls bestrebt
waren, die andere Partei niederzuschreien. Alt und Jung hatte
an diesem improvisierten Gesangswettstreit seine helle Freude.
Da tauchte ein junger Mann auf, der sich nicht weit von mir
niederließ und eifrig in einem Zettel zu studieren begann. Es war
ein ldeiner Beamter, der im Rufe stand, ein Dichter zu sein, und der
zu Ebren „unsres Herrn Hosen“ ein Gedicht gemacht hatte. Wegen
seines gezierten und eitlen Wesens wurde er el-brins (prince) ge-
nannt, tat aber sehr beleidigt, wenn ihn einer so anredete. Die
Herumsitzenden forderten ihn auf, doch das Wort zu ergreifen und
seine Sache vorzutragen. Es dauerte aber noch mehr als eine
Stuncle, bis die beiden Fiklh eine Pause machten, und er mit
seinem Gedicht beginnen konnte. Docli war er bei dem großen
Festestrubel nicht im stande, mit seiner dünnen Stimme durch-
zudringen.
Von Extravaganzen, wie Verschlingen von Glas und glühenden
Kohlen, welche die Derwische früher bei jedem großen Mülid zum
Besten gaben, habe ich nichts bemerkt. Indessen ist schon der
Betrieb des Zikr an sich barbarisch genug, so dah man den Anstofi,
den niclit nur die Aufgeldärten, sondern auch viele korrekt orthodoxe
Kreise daran nehmen, wohl begreift. Diese zikrfeindliche Bewegung
1 Nachdem der Thee in das Glas — nicht Tasse—»gegossen war, wurde ge-
wöhnlich noch ein Ästchen von frischer Minze QVjJ) oder Sebä (VA1) hineingelegt,
was einen nicht unangenehmen, pikanten Geschmack erzeugte.
 
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