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Gothein, Eberhard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 5. Abhandlung): Platos Staatslehre in der Renaissance — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32880#0016
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Eberhard Gothein :

für Plato begrüßt, macht sich überall geltend, und die starre
Theokratie Savonarolas, der er sich zum Schluß beugen sollte,
wirft ihre Schatten voraus. Auch uns fällt es ja auf, wie Plato
in diesei' Altersschrift der Dialektik und ihrem in der Politie üher
alles erhobenen Bildungswert entsagt hat, kaum daß sie sich
noch einmal zum Schluß aus der Versenkung hervorwagt, wie
ausschließlich die überlieferte Religion an ihre Stelle getreten
ist. Der greise Ficinus war denselben Weg gegangen wie sein
Meister.
Jedes eirizelne Buch der Nogoi gibt ihm Gelegenheit, dies
eine, was not tut, einzuprägen: Unmöglich ist es, einen Staat
anders zu gründen, anders zu erhalten, unmöglich anders die
Gesetze zu sichern. Deshalb tritt er eifrig für die Orakel und
damit auch für das Wunder ein, obgleich er hier ein flüchtiges
Bedenken, oh das einem Philosophen zieme, nicht unterdrücken
kann. Denn Ehrfurcht vor dem Wunder, vor der unmittelbaren
Götterstimme bringt auch Ehrfurcht vor den Gesetzen mit sich.
Daß diese Religion, die Plato mit allen Zwangsmitteln des Staats
sichern will, Polytheismus ist, ficht ihn nach seinem allgemeinen
Grundsatz von dem Wert jeder Religion für ihre Zeit wenig
an. Aucli bemüht er sich, ihn nach Möglichkeit umzudeuten;
selbst die Dreieinigkeit fmdet er in der Dreiheit Jupiter, Apollo,
Minerva wieder. Mit einer in der Renaissance oft verwandten
Begründung, deren Zweischneidigkeit man erst seit den Angriffen
der Reformatoren inne wurde, meint auch Ficinus: Niemand
möge sich an der Zahl der Götter stoßen, störe man sich doch
auch nicht an der Menge der Engel und Heiligen; mehr als wir
diesen räume Pla.to auch seinen Göttern nicht ein. Allein es
handelt sich ja um Orakel-Wunder, deren Wirklichkeit zwar seit
den Kirchenvätern unbestritten, aber auf das Schultkonto der Dä-
monen gesetzt war, was man auch beim Daimonion des Sokrates
Ficinus schon vorgehalten hatte. Er aber versteht sich auch hier
auf seinen Vorteil: „Wer sich daran stoße, gehe nur ruhig zum
Staate der Peripatetiker. Da finde er keine Dämonen — und
auch keinen Gott.“
Platos schwere Religionsstrafen sind ihm, dem im Prinzip
so Toleranten, nur erfreulich. ,,Eine Weissagung des hei uns
geühten Kirchenbannes“ nennt er sie ganz richtig. Er fmdet bei
Plato hereits alle Ivategorien dauernd strafwürdiger Religions-
verbrechen, und zu den andern noch eines, das uns fehh : den Aber-
 
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