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Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 8. Abhandlung): Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32883#0011
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Das Recht als Menschenwerk und seine Ctrundlagen.

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durch das Fehlen eines absoluten Kennzeichens der Wahrheit
bewirkt wird. Die Zustimmung vieler, ja aller, kann in die
Irre gehen. Man gedenke der Antecopernicanischen Anschauung,
verknüpft mit der Überhebung, daß wir in unserer kleinen Erde
das Zentrum der Welt, und in der Pflege unseres winzigen
Menschengeschlechts die Hauptaufgabe einer wirklichen Welten-
geschichte zu sehen hätten. Noch in diesem Jahrhundert sind
wissenschaftliche Bücher bekannter Gelehrten erschienen, in
welchen die Behauptung wiederkehrt, Galilei habe bewiesen, daß
leichte und schwere Körper gleich rasch fallen, während er doch
bloß bewiesen hatte, daß mit den groben, von ihm angestellten
Experimenten die Differenzen nicht ermittelt werden konnten.
So unerfreulich die Wahrnehmung derartiger Irrgänge in das
Bild eingreift, das wir uns von dem eignen Wissen machen mögen,
sie berechtigen uns keineswegs, an diesem selber zu zweifeln
oder gar wegen Lmsicherheit der Grenzen für ein Nonens zu
erklären. Eine lange Reihe von Erfahrungen hat uns dahin
geführt, von dem Erfolge zurückzuschließen auf das den Erfolg
bewirkende Etwas, von dem „motum“ auf das „movens“. Denn
wie steht es mit diesem „moveri“ im engen Sinne? Auge und
Drucksinn lehren uns, daß Ivörper im Raum einen Platz ein-
nehmen, daß sie diesen Platz wechseln können, und durch un-
mittelbar aneinander sich schließende Wahmehmimgen vermeinen
wir auch den Übergang von dem einen Platze auf den andern,
d. h. die „Bewegung“ wahrzunehmen. Fest steht, daß wir die
sinnlich wahrzunehmende Bewegung als Produkt einer bewegenden
Kraft uns vorstellen, und daß wir diese Ivraft nie unmittelbar,
isondern lediglich aus den von ihr herbeigeführten Folgeer-
scheinungen zu erkennen vermögen. Keine Kraft, keine Energie,
deren Erkenntnis auf anderem Wege zu uns gelangte. Wer etwa
meinte, daß unsere Kenntnis der Kräfte und Energien eben des-
halb wohl stets ungenügend, lückenhaft und unsicher bleiben
werde, könnte vielleicht recht haben; aber sollten wir darurn
auf diesen mangeihaften Besitz verzichten?
Übrigens ist auch die Grundursache unseres beschränkten
Erkenntnisvermögens, folglich auch Wissens, keine fernliegende.
Ausgestattet hat uns die Natur mit Kräften verschiedener Art,
die wir als leibliche und geistige zu unterscheiden pflegen. Nie-
mand wird irn Zweifel sein darüber, daß imsere physischen
Kräfte sehr beschränkte sind, in gewissen Beziehungen kann ein
 
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