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Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 8. Abhandlung): Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32883#0021
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Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen.

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absolut unwandelbar, Mehrungen und Minderungen nicht un-
denkbar. Die Mehrungen wären „Schöpfungen“ und müßten
durch „principia motionum. ipsa immota“ hervorgerufen sein.
Und; falls wir „Schöpfung“ annehmen wollen, denken wir uns
diese als einen großen in sich abgeschlossenen, nach determi-
nistischer Ansicht mit der Prädestination verbundenen Akt,
oder als eine Reihe kleinerer, aufeinander folgender Schöpfungs-
akte? Nach allem, was uns sonst üher das Werden der großen
Dinge in der Welt und den „horror rimarum“ bei diesem be-
kannt geworden, möchten wir das zweite für das Glaublichere
und leichter Begreifbare halten. Und wenn dem also, warum
sollten nicht auch noch in der Gegenwart Schöpfungsakte vor-
kommen, „principia motionum“ erstehen können? Und würde
hiernach die Möglichkeit der Schöpfungen zugegeben und ihr
Urquell Gott geheißen, so dürfte man wohl auch mit dem Dichter
sagen, daß in uns Menschen ein kleinstes Stücklein von des
Gottes eigner Kraft läge, und daß ehen dies unser eigentliches
Ich, unser „Wille“ sei.
Vom freien Willen wissen wir nichts, aber glauben dürfen
wir an ihn, und wenn er gleichwohi schwer hegreiflich bleibt,
so liegt der Grund höchstwahrscheinlich nicht in der Sache,
sondern in der Schwäche unseres Vermögens, zu begreifen.
Der Glauben an die Unbegrenztheit der menschlichen Denkkraft
ist ein Kind des schönen Traumes, daß die Erde das Zentrum
der Welt und alles in dieser nur zum Heile der kleinen Erd-
bewohner geschaffen und geschehen sei.
Das Resultat, oh man unser drittes Axiom annehmen oder
verwerfen, zum Determinismus oder zum Indeterminismus
sich hekennen will, das ist Glaubenssache; ein wissenschaftlich
zwingender Beweis ist, gleichviel, von welcher Seite unter-
nommen, hoffnungslos. Dagegen darf da.rüber kein Zweifel auf-
komrnen, daß entweder alles von vornherein bestimmt (prä-
destiniert) ist oder daß nicht alles von vornherein bestimmt,
und demgemäß der Mensch entweder Marionette oder Nicht-
marionette ist; „tertium exclusum“. Und darum ist auch jeder
Vermittelungsversuch hoffnungslos.
 
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