26
E. I. Bekkei' :
entbehrlichen Clliede der Forschung werclen. Doch treten geracle
bei clen Hypothesen die auf der Eigenart des Glaubens be-
ruhenden Gefahren, daß der Glauhencle sich verliebe in das Ge-
glaubte, oft mit unverkennbarer Deutlichkeit hervor. Allen
Grund zum Danken aber hat der Glauben gegenüber der ,,ars
nesciendi“ für das ihm von dieser überwiesene freie Feld; wo
nichts zu wissen ist, da mag jeder glauben, was er will; und
darum sollte niemand danach trachten, das von ihm Geglaubte
anderen wie ein Gewußtes aufzuzwingen. Doch hier pflegen die
vom Gemüt ausgehenden Züge der Liebe und Anhänglichkeit
an das Geglaubte von ihrer schlechtesten Seite sich zu zeigen
und die schärfste Opposition hervorzurufen.
Damit wären wir bei dem großen Kampfe des Wissens
wider das Glauben angelangt. Schädlich wirkt der Glauben alle-
mal nur dann, wenn er sein eigenes Wesen verleugnet uncl clie
Geltung des Wissens für sich beansprucht: Unumstößlichkeit
und Übertragbarkeit mit zwingender Kraft. Betritt er in dieser
Weise Felder, clie aucli dem Wissen zugänglich wären, man
denke etwa an die Mythen von Tell und Winkelriecl oder das
Phlogiston und den Contrat social, so versperrt er zeitweilig clen
Weg zur Wahrheit. Auf seinem eigensten, ihm von der „ars
nesciendi“ zur Alleinherrschaft überlassenen Gebiete aber wirkt
er schädlich, sohalcl er seine Gläubigen zu Hancllungen treibt,
clie nur vielleicht sich entschulcligen ließen, wenn das Geglaubte
wahr wäre; gäbe es wirklich Teufel und Hexen, so wäre nicht
allzuviel dawider zu sagen, daß man jenen bannte uncl diese
verhrannte. Ganz besonders wiclerwärtig aher zeigt sicli clie
Versteifung in dem Eifer, mit clem die Verbreitung des Glaubens
betrieben wircl. Da sich cliese mit clen harmlosen Mitteln, clie
clas Wissen zu dem gleichen Zwecke an cler Hand hat, nicht
clurchsetzen läßt, greift man zum gröbsten Geschütz, läßt dein
Verstancl sich nicht überzeugen, und hilft ein sanfteres Zureclen
auch nichts, „Acherunta movebo“! Man erinnere sich cler
Greuel, die erst von Heiclen wider Christen und dann, nach clem
unwiclerleglichen Zeugnis des C'oclex Justiniani, von Christen
wicler Heiden und Ketzer begangen sind. Und wie bekannt,
steht cliese traurige Erscheinung keineswegs vereinzelt cla:
gerade in dem religiösen Leben, clem clas Glauben unentbehrlich
ist, gecleilien seine schönsten und seine giftigsten Blüten oft dicht
neheneinander.
E. I. Bekkei' :
entbehrlichen Clliede der Forschung werclen. Doch treten geracle
bei clen Hypothesen die auf der Eigenart des Glaubens be-
ruhenden Gefahren, daß der Glauhencle sich verliebe in das Ge-
glaubte, oft mit unverkennbarer Deutlichkeit hervor. Allen
Grund zum Danken aber hat der Glauben gegenüber der ,,ars
nesciendi“ für das ihm von dieser überwiesene freie Feld; wo
nichts zu wissen ist, da mag jeder glauben, was er will; und
darum sollte niemand danach trachten, das von ihm Geglaubte
anderen wie ein Gewußtes aufzuzwingen. Doch hier pflegen die
vom Gemüt ausgehenden Züge der Liebe und Anhänglichkeit
an das Geglaubte von ihrer schlechtesten Seite sich zu zeigen
und die schärfste Opposition hervorzurufen.
Damit wären wir bei dem großen Kampfe des Wissens
wider das Glauben angelangt. Schädlich wirkt der Glauben alle-
mal nur dann, wenn er sein eigenes Wesen verleugnet uncl clie
Geltung des Wissens für sich beansprucht: Unumstößlichkeit
und Übertragbarkeit mit zwingender Kraft. Betritt er in dieser
Weise Felder, clie aucli dem Wissen zugänglich wären, man
denke etwa an die Mythen von Tell und Winkelriecl oder das
Phlogiston und den Contrat social, so versperrt er zeitweilig clen
Weg zur Wahrheit. Auf seinem eigensten, ihm von der „ars
nesciendi“ zur Alleinherrschaft überlassenen Gebiete aber wirkt
er schädlich, sohalcl er seine Gläubigen zu Hancllungen treibt,
clie nur vielleicht sich entschulcligen ließen, wenn das Geglaubte
wahr wäre; gäbe es wirklich Teufel und Hexen, so wäre nicht
allzuviel dawider zu sagen, daß man jenen bannte uncl diese
verhrannte. Ganz besonders wiclerwärtig aher zeigt sicli clie
Versteifung in dem Eifer, mit clem die Verbreitung des Glaubens
betrieben wircl. Da sich cliese mit clen harmlosen Mitteln, clie
clas Wissen zu dem gleichen Zwecke an cler Hand hat, nicht
clurchsetzen läßt, greift man zum gröbsten Geschütz, läßt dein
Verstancl sich nicht überzeugen, und hilft ein sanfteres Zureclen
auch nichts, „Acherunta movebo“! Man erinnere sich cler
Greuel, die erst von Heiclen wider Christen und dann, nach clem
unwiclerleglichen Zeugnis des C'oclex Justiniani, von Christen
wicler Heiden und Ketzer begangen sind. Und wie bekannt,
steht cliese traurige Erscheinung keineswegs vereinzelt cla:
gerade in dem religiösen Leben, clem clas Glauben unentbehrlich
ist, gecleilien seine schönsten und seine giftigsten Blüten oft dicht
neheneinander.