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Windelband, Wilhelm; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 9. Abhandlung): Über Sinn und Wert des Phänomenalismus: Festrede — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32884#0011
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Über Sinn uncl Wert des Phänomenalismus.

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der nat.urtheoretischen Weltvorstellnng, wonach die Wirklichkeit
farb- und klanglos aus den im Leeren schwirrenden Atomen be-
stelien soll, durchdrungen von der Unerträglichkeit einer Denk-
weise, welche die für eine wissenschaftliche Theorie erforder-
liche Auswahl zu einer metaphysischen Wertscheidung umdeutet,
will Fechner alles das, worin für uns der lebendige Sinn der
wahrgenommenen Welt besteht, in den Rang absoluter Realität
wiedereingesetzt wissen. Das ist in höchster Verallgemeinerung
das Motiv der Goetheschen Farbenlehre.
Aber jene in der Naturforschung geltende Dualität konnte
auch nach der andern Seite hin aufgehoben werden. Nahm der
Dichter für die in aller Lebensfülle angeschauten Qualitäten die-
selbe Wirklichkeit in Anspruch wie für die quantitativen Präpa-
rate der wissenschaftlichen Analyse und Abstraktion, so konnte
der Pliilosoph dazu fortschreiten, auch die raumzeitlichen Formen
der Außenwelt ebenso zu Erscheinungen herabzusetzen wie die
den einzelnen Sinnen zugänglichen Qualitäten der Körper. Das
ist die Stellung Kants, dessen Lehre nach dieser Ilinsicht in der
Tat als die letzte Etappe auf dem AVege erscheinen konnte, den
von Locke aus hereits Eerkeley mit seiner Tlieorie des Sehens
eingeschlagen liatte. Ist doch Kant selbst einmal (in den Pro-
legomena) darauf verfallen, seinen Zeitgenossen diesen Phäno-
menalismus von der Seite her plausibel zu machen, daß er ja
nur auf die räumlichen und zeitlichen Eestimmungen dieselbe
Betrachtungsweise ausdehnc, welche für die sinnlichen Emp-
findungsmomente seit langem von aller Welt anerkannt werde.
Freilich hatte irn transzendentalen Idealismus, wie es Kant auch
an andrer Stelle hervorzuheben nicht versäumte, die Phäno-
menalität von Raum und Zeit eine ganz andre methodische Be-
gründung und deshalb einen ganz andern erkenntdistheoretischen
Sinn, als die Subjektivität der Sinnesqualitäten, die dereinst im
Altertum mit vorbildlich skeptischer Tendenz durch ihre Rela-
tivität. aufgezeigt worden war: jetzt sollte in Kants Kritik die
Phänomenalität der Formen dafür in den Kauf genommen werden,
daß durch sie allein die Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit
der Mathematik ünd ihrer Anwendung auf die Erfahrungswissen-
schaft begreiflich wurde. AVar aher so die Phänomenalität der
Preis für die Apriorität, so lag ja auch in dieser Lehre wieder
als letztes Motiv das Interesse der mathematischen Theorie der
Naturwissenschaft zugrunde, — in reiferer Entwicklung das-
 
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