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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0013
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

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Tendenz des prätorisclien Ediktes wie auch in den Tatbeständen
einzelner Fälle sehr wohl das „absentis“ stehen bleiben. Denn es
war ja nicht unrichtig, daß dauernd der normale Fall der Geschäfts-
führung sich in der Abwesenheit des dominus ereignet.

Im klassischen Ediktswortlaute hat die Erwähnung der Ab-
wesenheit des dominus ihren guten Sinn. Es ist eine gute Vermutung
Wlassaks, daß der Prätor wirklich, wie es LHpian ja ausdrück-
lich sagt (D. 3, 5, 1), den Platz für den Titel de negotiis gestis des-
wegen wählte, weil er die Vertretung im Prozesse und in allen an-
deren vor seinem J urisdiktionstribunal spielenden V erf ahren dadurch
erleichtern wollte, daß er für das innere Verhältnis zwischen domi-
nus und Prokurator den Rechtsschutz regelte 1. Wie stets bei dem
Prokurator kam nur die Vertretung für den in jure absens in
Betracht. Das negotium ist das jurisdiktionelle Verfahren 2. Noch
für Quintilian ist daher die Klage aus der Geschäftsführung die
actio malae gestae procurationis 3. Der dypische negotiorum

1 Wlassak, negotiorum gestio, p. 39 ff. Lenel, Edikt (2) 101. Cogliolo,
Trattato 1, 28 ff. Brinz, Pand. (2) 633, 5. Seckel, Handwörterbuch s. v.
negotium in fi. Peters, Zeitschr. Sav.-St. 32, 263. Zweifelnd Eisele, Cog-
nitur und Prokuratur S. 62 not. Gegen die Lehre Wlassaks erhoben Wider-
spruch: Atzeri, a. a. 0. p. 138, wie Pacchioni, Trattato p. 34 berichtet,
sowie Pacchioni, Trattato a. a. 0. selbst, auch Karlowa, Rgesch. 2, 672, n. 1.

2 Auch nach diesen in Anmerkung 1 herangezogenen Äußerungen ist
es nicht unwichtig, die Belege dafür zu überblicken, die auch außerhalb des
Ediktes (vgl. D. 3, 6, 1 pr.) und außerhalb der Digesten das Wort negotium
als technisch fiir das Yerfahren vor dem Magistrat erscheinen lassen. Vgl.
Cicero, Yerr. 2 1, 10, 27. Cael. 1. Quinct. 76. Har. resp. 17. Danach über-
tragen ad fam. VIII, 8, 9. 10 L. Ursonönsis cap. 95 (col. 2, 26) P. BGU 611,
(Gradenwitz, Bruns, fontes (7) n. 53 p. 199 1, 9), hier für die Appellations-
instanz. Im Edikt vgl. D. 3, 6, 1 pr., besonders das in der Republik schon
nachzuweisende negotium facere alicui für den Antrag auf das Verfahren
gegen einen Verfahrensgegner. Daher ist in dem Glossar, das ich schon
anderwärts für die griechisch-römische Prozeßterminologie der klassischen
Zeit heranzog, in den Hermeneumata Montepessulana, der Abschnitt über
Prozeßtermini überschrieben: de negotiis forensibus, corp. gloss. lat. 3, 336,
29, und ein anderes Glossar (corp. gloss. lat. 2, 133, 17) übersetzt negotium
mit öcxrj, Prozeß. Im nachklassischen Verfahren hat negotium dauernd die
Bedeutung behalten. Vgl. im vierten Jahrhundert P. Lips. I. 33 (Text nach
Mitteis, Chrestomathie, n. 55) 1. 9, sowie das Sporteledikt bei Bruns, fontes
(7) n. 103, 45 sowie die executores negotii des fünften Jahrhunderts, welche
,,Prozeßsachwalter“ sind (vgl. Partsch, Gött. Nachr. 1911, 241 ff.). Noch
die Lex Visigothor. beginnt ihr erstes Buch, Prozeßrecht, mit der Überschrift
de negotiis causarum. Wo forensia oder causa neben negotium steht, ist der

Schluß auf die Wortbedeutung natürlich unscharf. 3 Quintil. Inst. or. 7, 4, 35.
 
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