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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0049
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

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durcli Vergleichung mit D. 44, 7, 5, 1 darauf hin, wie verdächtig
der Eingang des angeblichen Ulpiankommentars (D. 27, 4, 1 pr.)
zur Formel der actio tutelae contraria ist: Die Häufung der
Ausdrücke praetor proposuit induxitque in usum, die
ganze Beschreibung des Zweckes der Formel, die nachher viel
präziser noch einmal erfolgt 1, ist seltsam. Es klingt, als hätte
der tutor die freie Wahl, die administratio für den Mündel auf-
zunehmen oder zu unterlassen, und als bestäncle ein Interesse
daran, ciie tutores zu locken, ut facilius ad aclministrationem
accederent. Diese Begründung ist doch für Ulpian, für den längst
die Gestionspflicht des tutor feststeht, kaum denkbar. Ich meine,
clieses accedere ad administrationem war eben einer der klassischen
Schilderungen der Tendenz des Edikts de negotiis gestis nach-
geschrieben 2. Der Tatbestand des Anspruchs des gestor wird
ja in D. 44, 7, 5, I auch deutlich zitiert (vgl. D. 44, 5, 7, 1 mit
D. 3, 5, 2). Auch der in D. 27, 4, 1 pr. folgende Satz, quamquam
. . . scilicet ist nicht frei von Eingriffen 3: Aber sowohl er wie der
nachher folgende Satz, clie beide von Gradenwitz für wesent-
lich echt erklärt werclen, sincl wohl in der Sache wemgstens klassisch.
Nur brauchen sie sich nicht, wie Gradenwitz noch meinte, auf
clie actio contraria tutelae zu beziehen, sondern könnten ebenso-
gut auf das iudicium contrarium im Sinne der Klassiker gehen,.
auf die Formel mit gegenseitiger Prästation. Denn es ist hier
ja nur davon die Rede, daß auch der tutor seine Auslagen ersetzt
bekommen soll. §§ 1—3 sind wohl echt, aber zwischen dem pr.
und § 4 erst vom Kompilator eingeschoben, als er clie Zusammen-
stellung des Titels für die Digesten machte. Denn im § 1 und 2
sind sichere Fälle bloßer negotiorum gestio genannt, das gerere
pro tutore, der Ersatzanspruch der curatores aus ihrer Geschäfts-
führung kraft prätorischer Gestionspflicht. Ferner, daß §3 in einer
im wesentlichen 4 unverdächtigen Sprache den Ersatzanspruch des
tutor mit diesen Fällen der negotiorum gestio zusammenbehandelt,
zeigt, daß die Kiassiker nur Aktionen aus der Negotiorum gestio

1 provocandi fuerant tutores . . .

2 Vgl. D. 3, 5, 1. Inst. 3, 27, 2. D. 44, 7, 5 pr. a. E. Accedere ad negotia
ist der übliche terminus bei der negotiorum gestio, vgl. die Stellen VIR 1, 74,
1. 31 f. (s. v. accedo).

3 Civiliter, ex administratione scilicet sind wohl interpoliert.

4 Über den Vorbehalt betreffend der Worte finito officio . . . competere
dicemus tutori vgl. unten S. 53.

Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist. Kl- 1913. 12. Abh. 4
 
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