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Partsch, Josef; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 12. Abhandlung): Studien zur Negotiorum Gestio I. — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33055#0075
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Studien zur Negotiorum Gestio I.

75

Schon die Bestellung des curator adulescentis in der Praxis am
Ende des zweiten, am Anfang des dritten Jahrhunderts zeigt
das: nicht gegen seinen Willen kann der curator bestellt werden 1,
und der adulescens ist frei in der Entscheidung, ob er den curator
beantragen will oder nicht 2. Der Prätor gibt den curator seit der
Reform Mark Aurels auf den bloßen Antrag, der keine Begründung
über den speziellen Zweck der Kuratorenbestellung mehr zu ent-
halten braucht 3. Schon darin liegt, daß der curator nicht wegen
einer vom praetor individuell festgestellten oder gar auf Grund
einer grundsätzlich mit einem gewissen Alter verbundenen ge-
minderten Geschäftsfähigkeit bestellt wird, vielmehr als Helfer
in der Vermögensverwaltung, den der adulescens lieber vom praetor
erbittet, als selbst durch das Mandat bestellt. Warum faßte man
nicht einfach den adulescens als Mandanten des curator auf ? —-

1 Vgl. oben S. 73 Anm. 4.

2 D. 26, 7, 5, 5, D. 4, 4, 7, 2, Inst. 1, 23, 2. God. 5, 31, 1. — 5, 31, 6.
Daher kommt die Versäumung des Antrages als Verwirkungsgrund für das
Erbrecht nach dem sc. Tertullianum nicht in Betracht, D. 38, 17, 2, 29. Vgl.
Solazzi, minore etä p. 13 ff. Heute lehrt man vielfach, daß am Anfange
des dritten Jahrhunderts auch die hauptstädtische Praxis schon den Zwangs-
curator gekannt habe, der dem minor auch ohne Antrag ernannt wird.

So mit Hinblick auf die testamentarische Bestellung (26, 3, 6), Girard,
manuel (5) 232. Perozzi, Ist. 1, 338 spricht sogar von einem allgemeinen
Zwange des Prätors zur Stellung des Antrag's auf einen curator. Das geht
zu weit. Vgl. richtig H. Peters, Sav.-Zeitschr. 32, 279, 1, und heute Solazzi,
minore etä p. 19 ff., der die Interpolationen für tutor hier aufdeckte. Der
prätorische Zwang, der nachweislich ist, wird nicht schlechthin geübt, um
zur Erbittung des curator zu veranlassen und dem minor den ständigen
Beirat zu schaffen. Sondern er wirkt, nach D. 4, 4, 7, 2 zu urteilen, nur zum
Schutze des Dritten, welcher als Schuldner an den adulescens zahlen müßte,
derart, daß der minor ohne Erbittung eines curator wirksame Zahlung
nicht erzwingen kann. Inwiefern Cod. 5, 31, 1, nach welchem der Kläger
ein Recht darauf hat, daß sich der Beklagte einen curator bestellen läßt,
klassisch ist, lasse ich dahingestellt.

3 Gapitol. vita Marci 10, 12: de curatoribus vero, cum ante non nisi
ex lege Plaetoria vel propter lasciviam vel propter dementiam darentur,
ita statuit ut omnes adulti curatores acciperent non redditis causis. Das
causas reddere ist die Angabe des Grundes, der ursprünglich dem ,,rogo,
domine, uti mihi curatorem constituas“ beigefügt werden mußte. Vgl. den-
selben Ausdruck bei der Appellation D. 3, 3, 71, D. 49, 1, 3, 3. fr. 4, 1.
fr. 18. fr. 28, 2 h. t. D. 49, 7, 1 pr. und öfters, Paul V, 35. Praktisch
bedeutete das folgeweise, daß eine dereinst notwendige causae cognitio über
den Grund der Bestellung des curator wegfiel. Vgl. die Literatur zur Er-
klärung der Stelle bei Ancona-Baviera, Glück, Comrn. (1908) ad. lib. 26
p. 395 ff.
 
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