Die Nachrichten über den Tod Cyprians.
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fältig ausgearbeitet, wie schon die Zahl der rhythmischen Klauseln
zeigt. Er gilt dem Bischof, aber indirekt auch den um ihn ver-
sammelten Ghristen, deren Erscheinen man mit Absicht abge-
wartet haben wird, und enthält die Kriegserklärung des römischen
Staates an sie: als Rebellen und Feinde des römischen Volkes
sollen sie betrachtet werden; das Christentum ist ein Übergehen zu
dem Reichsfeinde. Es ist nicht ein neuer Gedanke, aber neu ist die Lei-
denschaftlichkeit der Form, in die er sich kleidet. Derartige Prokla-
mationen von höchster politischer Bedeutung entwirft nicht der
Statthalter allein; sie sind ihm, wenigstens in ihren Grundgedanken,
vom Kaiser und dem Senate gegeben. Wenn der Historiker nicht
einem solchen Schriftstück, sondern ein paar erbaulichenWendungen,
die von Erzählung zu Erzählung gehen, seine Aufmerksamkeit
zuwendet, um aus ihrer typischen Wiederkehr gerade auf ilire Ge-
schichtlichkeit zu schließen, so hat er den Ausgangspunkt der
Betrachtung falsch gewählt. Dieser erbauliche Teil ist innerhalb
der unsicheren Tradition immer der unsicherste, weil hier ein
Zweck der Üherarbeitung erkennbar ist. An einern als Predigt
überlieferten Martyrium wie dem des Apollonius, über das einst
der Streit zwischen Theologen und Philologen entstand, die er-
zählenden Stücke als verwirrt und entstellt preiszugeben, aber
an der Urkundlichkeit der erbaulichen Kunstrede leidenschaft-
lich festzuhalten, wie dies Harnack tut, scheint mir von vorn-
herein unmethodisch, und die Analyse der einzigen Akten, die sich
wirklich noch auflösen lassen, eben der Gyprian-Akten, widerrät
es nachdrücklich.
Diese Analyse aber —■ das möchte ich zum Schluß dankbar
hervorheben -—■ ist in Wahrheit begonnen von Rigaltius; er
allein hat, statt zu raten, wissenschaftlich beobachtet. Ich habe
seine Behauptungen, weil sie in der Literaturgeschichte ignoriert
werden, erst kennen gelernt, als meine Untersuchung abgeschlossen
war, und bin vielleicht mit reicherem Material ein Stückchen
weiter gekommen. Und gründlichere Durchforschung der Gyprian-
Handschriften wird hoffentlich noch andere Fassungen, wenii auch
leider wohl kaum die echte Fassung des ersten Protokolls, ans
Licht stellen, und sie wird die Folgerungen für die Überlieferungs-
geschichte der Werke Cyprians ziehen müssen, die sich aus diesen
Tatsachen notwendig ergeben. Aber so viel hier gewonnen werden
mag — den ersten und entscheidenden Schritt hat doch Rigaltius
getan!
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fältig ausgearbeitet, wie schon die Zahl der rhythmischen Klauseln
zeigt. Er gilt dem Bischof, aber indirekt auch den um ihn ver-
sammelten Ghristen, deren Erscheinen man mit Absicht abge-
wartet haben wird, und enthält die Kriegserklärung des römischen
Staates an sie: als Rebellen und Feinde des römischen Volkes
sollen sie betrachtet werden; das Christentum ist ein Übergehen zu
dem Reichsfeinde. Es ist nicht ein neuer Gedanke, aber neu ist die Lei-
denschaftlichkeit der Form, in die er sich kleidet. Derartige Prokla-
mationen von höchster politischer Bedeutung entwirft nicht der
Statthalter allein; sie sind ihm, wenigstens in ihren Grundgedanken,
vom Kaiser und dem Senate gegeben. Wenn der Historiker nicht
einem solchen Schriftstück, sondern ein paar erbaulichenWendungen,
die von Erzählung zu Erzählung gehen, seine Aufmerksamkeit
zuwendet, um aus ihrer typischen Wiederkehr gerade auf ilire Ge-
schichtlichkeit zu schließen, so hat er den Ausgangspunkt der
Betrachtung falsch gewählt. Dieser erbauliche Teil ist innerhalb
der unsicheren Tradition immer der unsicherste, weil hier ein
Zweck der Üherarbeitung erkennbar ist. An einern als Predigt
überlieferten Martyrium wie dem des Apollonius, über das einst
der Streit zwischen Theologen und Philologen entstand, die er-
zählenden Stücke als verwirrt und entstellt preiszugeben, aber
an der Urkundlichkeit der erbaulichen Kunstrede leidenschaft-
lich festzuhalten, wie dies Harnack tut, scheint mir von vorn-
herein unmethodisch, und die Analyse der einzigen Akten, die sich
wirklich noch auflösen lassen, eben der Gyprian-Akten, widerrät
es nachdrücklich.
Diese Analyse aber —■ das möchte ich zum Schluß dankbar
hervorheben -—■ ist in Wahrheit begonnen von Rigaltius; er
allein hat, statt zu raten, wissenschaftlich beobachtet. Ich habe
seine Behauptungen, weil sie in der Literaturgeschichte ignoriert
werden, erst kennen gelernt, als meine Untersuchung abgeschlossen
war, und bin vielleicht mit reicherem Material ein Stückchen
weiter gekommen. Und gründlichere Durchforschung der Gyprian-
Handschriften wird hoffentlich noch andere Fassungen, wenii auch
leider wohl kaum die echte Fassung des ersten Protokolls, ans
Licht stellen, und sie wird die Folgerungen für die Überlieferungs-
geschichte der Werke Cyprians ziehen müssen, die sich aus diesen
Tatsachen notwendig ergeben. Aber so viel hier gewonnen werden
mag — den ersten und entscheidenden Schritt hat doch Rigaltius
getan!