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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 14. Abhandlung): Die Nachrichten über den Tod Cyprians: ein philologischer Beitrag zur Geschichte der Märtyrerliteratur — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33057#0059
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59

Die INachrichten über den Tod Gyprians.

konfisziert (ep. 66,4); nach der vita et passio hatte Cyprian sie schon
damals gar nicht mehr! Daß sie ihm nach dem Tode des Decius
wiedererstattet wurden, ist klar, daß der Verfasser der vita et passio
von beidem schweigt, begreiflich. Jetzt sol] er berichten, daß
Cyprian in seinen horti verhaftet wird (so die ‘Akten’), und sagt
(15,1) ad hortos eius — ad hortos inquam, quos inter inilia fidei
suae venditos et de dei indulgentia restitutos pro certo iterum
in usus pauperum vendidisset, nisi invidiam de persecutione vitaret 1
— cum militibus suis princeps repente subitavit. Die Bedenkeu,
welche die Worte de dei indulgentia restitutos ihm erregten, drückte
Tillemont (p. 49) kurz in den Worten aus sans qu’on sache comment
cela s'est pu faire 2. Eine Erklärung ist in der Tat gar nicht zu
finden, und schon der Ausdruck horti zeigt, daß der Verfasser
eine Quebe benutzt; er hätte, da er auf seine frühere Darstellung
verweist, sonst notwendig praediis sagen müssen. Die Angabe
kommt ilim hier befremdlich und unerwartet und muß, so gut
oder schlecht es gelit, erklart werden 3.

Der Heimkehr folgt cap. 14 die Schilderung der Zeit, in der
Cyprian seine Verhaf'tung stündlich erwartete. Die Erwähnung

1 Sie müßten ihm danach also erst in der Vexdolgungszeit wiedergegeben

sein!

2 Harnack in der Anmerkung: ‘gerne wüßte man, wie das geschehen
ist’, etwas zuvückhaltender.

3 Die Arigabe (c. 2), daß Cyprian schon als Katechumene sich aller Habe

entäußert und sexuelle Enthaltsamkeit gelobt habe, hat für den Autor einen
bestirmuten Zweck. Dadurch wird er ‘vollkommen’ (Ev. Matth. 19,21).
Es ist de.‘ Crundgedanke aller asketischen Literatur, der später die Mönchs-
erzählungen beherrscht. Der Verfasser will damit die Wahl Cyprians zum
Bischof di i gegen ahe Vorschrift ist, rechtfertigen. Solche Asketengelübde
und Vorst llungen werden, wie ich an anderem Orte darzulegen hoffe, gegen
Ende des dritten Jahrhunderts immer häufiger. Für Cyprian selbst ist die
Angabe jber die freiwihige vollkommene Entäußerung sehr verdächtig,
zumai e n solcher Sohritt natürlich die Wiedererwerbung der Güter seiner
Natur nach ausscbheßt; nicht die t) £7]g.oaüvY), sondern die äxT7)[j.oauv7)
ist der Zwcck. Die Folgerung Harnacks aus der Angabe über die

continentia ‘stillschweigend mußte die Kirche es dulden, daß die Kate-
chumenen noch unkeusch lebten; das geht aus unserer Stelle hervor’,
scheitert an der Frage des Autors quis umquam tanti miraculi meminit?

Es handelt sich nicht um Keuschheit im modernen Sinn, sondern um

den Eintritt in einen bestimmten, gehobenen Stand innerhalb der Ge-

meinde. Die Andeutungen, die Cyprian selbst über ihn De habitu virgi-
num Cap. 4 macht, werden durch eine neugefundene Schrift bestätigt
und ergänzt.
 
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