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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 14. Abhandlung): Die Nachrichten über den Tod Cyprians: ein philologischer Beitrag zur Geschichte der Märtyrerliteratur — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33057#0067
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Die Nachrichten über den Tod Cyprians.

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docuisti, documento. . . weit ab. Nnr die jüngste (vollständige)

Fassung stimmt in dem Wortlaut eris ipse documentum his, quos
scelere tuo tecum aggregasti einigermaßen überein. Nun sind diese
Worte selbst freilich viel zu matt und ungeschickt, um für das echte
Urteil zu passen; auch ist eine Benutzung der jüngsten Fassung
des Martyriums in der vita et passio ausgeschlossen 1. Eher könnte
man daran denken, die Lesung von EMT nach der jüngsten Fas-
sung, die ja sonst offenbar aus ihr oder einer ganz ähnlichen Yor-
lage stammt, zu emendieren: eis, quos tuo scelere docuisti, <eris>
ipse documento. Nur scheint mir die Übereinstimmung von
EMT mit Y mehr auf eine andere Ergänzung zu weisen: eos, quos tuo
scelere docuisti, ipso documento <ppoenae tuae monebisy. Doch
wie man hierüber entscheidet, ist für die Hauptsache gleichgültig.
Der Yerfasser der vita et passio hatte entweder denText vonEMT
vor sich oder er las eine uns verlorene Fassung der alten Mar-
tyrienerzählung, die meist mit EMT übereinstimmte, in diesem
Einzelzug aber schon der jüngsten Rezension nahestand. Hier-
über kann nur weitere handschriftliche Forschung Aufschluß
geben. Sicher aber ist schon jetzt, daß der Verfasser der vita et
passio das Urteil nicht selbst gehört hat; zwischen ihm und den
Ereignissen steht eine Tradition, die sogar schon Umgestaltungen
erfahren hat. Es ist gar nicht möglich, daß er der vertraute Schüler
Gyprians gewesen ist.

Eine primäre Quelle ist die vita et. passio cles unbekannten
Rhetors'also nicht; sie zur Schwindelliteratur zu rechnen, wäre clen-
noch völlig verkehrt. Der Autor benutzt nur die konventionellen
Mittel der rhetorischen Tendenzschriftstellerei seiner Zeit, ja er
macht von clem, was in cler anonymen Literatur clamals erlaubt
undModeist, sogareinen recht zurüc-khaltenden Gebrauch; aber das
Material, clas er benutzt, ist gering, und der Historiker tut gut,
in der Verwendung seiner Angaben sehr vorsichtig zu sein.

In den historischen Feststellungen war Monceaux unglück-
lich. Aber mit dem feinen Empfinden, clas der Romane für die
Rhetorik hat, fällte er sein literarhistorisches Urteil und entwarf
mit französischer Anmut ein ergötzliches Bild von clern HJn-
glücksmann’ 2. Ihn will Harnack ritterlich verteicligen und retten;

1 Vgl. das früher über die Heimkehr Cyprians und über das zweite Ver-
hör Bemerkte.

2 Als Probe seiner ‘Unglücksrhetorik’ wählt er mit glücklichem Griff
die zweite Hälfte des ersten Kapitels, die in der Tat für den, welcher die to-ol
 
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