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Thiersch, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 4. Abhandlung): Ein parthenonisches Giebelproblem — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33047#0026
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26

H. Thiersch:

erst wird die Trias voll. Dann stehen neben solcher Artemis, die immer
etwas von ihrer alten Strenge beibehält. die Eileithyien als 'Apre-
juiöec; Ttpaai, wie zu Lebadeia. Vgl. Jessen bei PW, 2105 (vor allem
in Böotien) und die Trias auf der ebenfalls aus Böotien stammenden
archaischen Beliefvase Ephimeris 1892, pin. 9 (Abb. 7), und jetzt
die Terrakotten aus Gypern (Cat. of Terr. in Brit. Mus. pl III, A. 133),
und aus Sparta, Annual of the Brit. Sch. XIV, p. 53, Fig. 2,1 und
XV, p. 21. Ebenso haben wir aucli im Parthenongiebel einen Dual
schwesterlich gestalteter Eileithyien, und zwar auf derselben Seite,
wo eben jene beiden, das weibliche Leben in der schweren Stunde
beschirmenden grohen Göttinnen schon von andern angesetzt worden
sind: durch Plebe (G) von E, F getrennt, folgten weiter rechts,
höchstwahrscheinlich stehend, Artemis und thronend Hera.

Die Eileithyien gelten ja selbst als Töchter der Hera 18 und
mit ihnen eben diejenige, die hier gerade zwischen Hera und den
Eileithyien erscheint: Hebe. Vgl. die Zusammenfassung der
Stellen bei Jessen, a. a. 0. 2105. Auch in dieser Situierung der
beiden fraglichen Figuren unmittelbar neben der sicheren Hebe und
clann weiter neben den fast ebenso gewissen Göttinnen Artemis und
Hera kommt uns ein nicht unwesentliches Moment für die Deutung
von E und F als Eileithyien zu Hilfe. Vgl. die Ausstattung cler
Eileithyien mit den Attributen der Artemis (Bogen und Fackeln) auf
Münzen von Argos (bei Farnell, Gults II, Münztafel, 41 uncl 51) und
von Bura (Imhof-Gardner, Numism. Comm. to Pausanias ph, S 1).

Ganz besonders charakteristisch für clie Eileithyien hier halte
ich ihre Sitze: clie Truhen mit den dicken, warmen, wollenen Tüchern.
Ebensolche Tücher, wie sie für die Gebärende selbst zur Hand
sein müssen. um ihr in der Erschöpfung festeren Halt und ruhigere
Lage zu gewähren, und wie sie in nicht zu kleiner Anzahl vor-
handen sein müssen zur Aufnahme und Versorgung des Neu-
geborenen — sie gehören mit zum allerwichtigsten Handwerks-
zeug der Hebammen. Sie fehlen darum auch nicht in antiken Dar-
stellungen von Geburtsszenen. Erst recht nicht, wo es sich um eine
göttliehe, mythologische Geburt handelt. Wer das Neugeborene in
Empfang nehmen will, naht sich ihm mit einem solchen Tuch
(ohovi], pannus). Vgl. die Bilder der Geburt des Dionysos (Gazette
Arch. 1880, p. 172, Museo Pio Glem. IV, 19 [ein Feli]) oder des
Erichthonios (Gerh.,Aus. Vasbb. 151) oder clie Beispiele bei Studniczka

18 Vgl. PELLER-ROBERT, Griech. Myth. 2, 511 ff. Eileithyia aus der
Gestalt der Hera herausentwickelt: FARNELL, Cults of the Greek States 11, 608ff.
 
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