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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 5. Abhandlung): Lykische Zwölfgötterreliefs: Untersuchungen zur Geschichte des dreizehnten Gottes — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33048#0020
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20

Otto Weinreich:

IV.

Der „Überschüssige“. (12 -f~ 1.)

Zwölf Götter nennt die Inschrift unserer Rnliefs, dreizehn sind
dargestellt. Um cliese Inkongruenz aufzuklären, bedarf es eines
kleinen Umwegs in das Gebiet anderer Zwölfgötterkreise — eines
Umwegs, der uns zugleich dazu führen wird, clas lykische Docle-
katheon in einen weiteren mythologischen und formalen Zusammen-
hang einzureihen.

Unter den durch Zodiakus uncl Monatsreihe bestimmten Zwölf-
götterkreisen, die Boll in seiner „Sphaera“ (472ff.) eingehencl be-
handelt hat, erfordert einer besondere Aufmerksamkeit. Varro
(Arnob. II, 40, Boll 478) spricht von den etruskischen Gonsentes
et Gomplices, die una oriantur et occidant una, sex mares et toti-
clem feminas, die man für summi Iovis consiliarios ac participes
halte, — also Nachbildungen der tkoi ßonXaiot. Sechs männiiche uncl
sechs weibliche Berater des höchsten Zeus — das gibt doch einen
Kreis von dreizehn Göttern. Die astrologische Erklärung, wonach
es sich um Götterpaare handelt, die täglich miteinander am Himmel
auf- und untergehen, beispielshalber Juppiter als Gott des Löwen
irn Aufgang, Juno als Göttin des Wassermanns im Untergang, berück-
sichtigt jedoch nur zwölf. Dieser Widerspruch ist aber nur ein
scheinbarer uncl darf' nicht gegen clie Richtigkeit von Bolls Erklä-
rung geltend gemacht werden. Denn Juppiter als der höchste Gott
kann, obwohl in den zwölf enthalten, cloch noch besonders aus
ihnen herausgehoben und als ihr Herr an die Spitze gestellt werden.
Das ist eine Inkonsequenz, vor der sich weder das naive religiöse
Denken noch die sprachliche Bezeichnung scheut, weil es sie gar
nicht als solche empfmdet, es rechnet nicht pedantisch nach, wie
Herakles in jener oben berührten Anekdote (Anm. 10). Ein paar
Beispiele aus griechischem uncl römischem Sprachgebrauch werden
das zeigen. Beim Streit der Athena und des Poseidon richten die
Zwölfgötter (Apollodor III, 14, 2); Ghr. Petersen (a. a. 0., S. 40,
Anm. 65) macht dazu die ganz treffende Bemerkung: „Daß die
Zwölfzahi, wenn über zwei aus derselben gerichtet wird, nicht
vollständig ist, darum kümmert der naive Mythos sich nicht. Es
ist überflüssiger Scharfsinn, zu fragen, welclie Götter die erledigten
Stellen eingenommen haben, hier und in ähnlichen Fälien.“ Sehr
lehrreich ist die bekannte Stelle aus dem platonischen Phaidros
246E: 6 pev öij üeTaq ijTef-uv ev oupavuj Zevq, eXauvuuv tttiivöv
 
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