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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1913, 5. Abhandlung): Lykische Zwölfgötterreliefs: Untersuchungen zur Geschichte des dreizehnten Gottes — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.33048#0024
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Otto Weinreich:

Attribute charakterisiert. Aber das genügt noch nicht, um die
Gleichförmigkeit der Reihung zu mildern. Während die ersten
vier Götter nach rechts orientiert sind, wendet der fünfte den Kopf
zurück; es folgen drei, wie die ersten ganz nach rechts, dann wendet
der neunte und endlich der elfte sich wieder zurück nach links.
So wird, je weiter dem Eude zu, clesto entschiedener die Gleich-
gerichtetheit unterbrochen, um der ermüdenden Einförmigkeit ent-
gegenzuarbeiten. Dies Bestreben herrscht bis auf verschwindende
Ausnahmen in der griechischen und hellenistischen Kunst, ebenso
in der frübrömischen durchaus vor. Auch die kontinuierenden
Kompositionen der Trajans- und Markussäule liefern nocli nichts,
was sich unmittelbar mit unseren Reliefs vergleichen ließe. Erst
die Reliefs des Konstantinbogens und der Theodosiussäule 34 zeigen
stilistische Parallelen — und etwa in konstantinische Zeit waren
wir durch die Formen der Inschriften gewiesen. Gerade diejenigen
Merkmale, die für den Reliefstil konstantinischer Zeit charakteristisch
erscheinen, fmden wir auf unseren lykischen Denkmälern des öst-
lichen Kaiserkultes wieder.

nDie symmetrische Zentralisierung, die sich nur in der Ebene durch-
führen läßt, erscheint hier sogar auf die Spitze getrieben. Die in der Mitte
thronende Figur des Imperators zieht sofort den Blick auf sich; ja schou
der erste oberflächliche Eindruck, vor aller Analyse im einzelnen, läßt
zvvingend erkennen, daß die ganze Komposition mit Fleiß daraufhin ange-
legt war, den Beschauer auf die Mitte hinzuweisen.“

„Erscheint . . . das Ganze mit peinlicher Genauigkeit in eine Ebene
projiziert, so verraten die einzelnen Figuren, als Teile des Ganzen, das
ebenso entschiedene Bestreben, sich innerhalb der gemeinsamen Ebene
räumlich zu isolieren. Die Figuren sind sämtlich an den Umrissen tief
unterschnitten, so daß sie nirgends augenfällig mit der Grundebene zu-
sammenhängen. “

„Hinsichtlich der ästhetischen Wertschätzung der . . . Reliefs gab es
bisher im allgemeinen keine Meinungsverschiedenheit, denn Alle waren
einstimmig darin, daß diese Reliefs ein unwiderleglich.es Zeugnis von dem
tiefsten Yerfall der antiken Kunst ablegen . . . Die überzeugten Vertreter
dieser Meinung werden vielleicht überrascht sein, an dem verlästerten
Werke ganz bestimmte und positive Stilprinzipien . . . genau befolgt zu
sehen. Allerdings sind die Stilprinzipien nicht diejenigen der klassischen
Kunst; und weil man bisher ausnahmslos mit dem Maßstabe der klas-
sischen Antike an die Beurteilung der gedachten Reliefs herangetreten ist,
konnte das Urteil lediglich geringschätzig ausfallen."

„Wir erkennen ... die strikte Befolgung, eines Gesetzes, und dies
allein schafft uns schon den begehrten Eindruck einer Einheit. Was uns
schlechterdings roh -und unkünstlerisch erscheint, betrifft vielmehr das Ver-

34 BR. BR. Taf. 500; Strong-Sellers, Roman Sculpture, Taf. GIQ; gute Photo-
graphien der Reliefs der Theodosiussäule hat mir H. Koch zur Verfügung gestellt,
dem ich manche Förderung verdanke,
 
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