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Otto Weinreich:
Wenn nun gerade in dieser Zeit die alte Verbindung von
Herrscher- und Zwölfgötterkult neu auflebt und eine Form an-
nimmt, die nirgendwo eine nähere Parallele hat als eben in der
Verehrung Ghristi und seiner zwölf Begleiter 42, dann liegt die Ver-
suchung gewiß nahe, hierin eine Pveaktion gegen den wachsenden
Einfluh des Ghristenglaubens zu erbiicken. Längst vorhandene
Kultformen erwachten in diesem Winkel Lykiens zu neuem und
eigentümlichem Leben, wie ich glauben möchte, in bewußtem
Gegensatz zu dem neuen Bekenntnis. Ob die Rivalität sich dort
nicht nur auf die Glaubensinhalte, sondern auch schon auf die
bildlichen Darstellungen erstreckte? Ich kann diese Frage nur
stellen, aber nicht beantworten, da ich nicht weiß, wann in Klein-
asien die Darstellungen Ghristi im Apostelkollegium einsetzen. Von
altchristlicher Reliefkunst aus Kleinasien gibt es, soviel ich sehe,
wenig genug, uncl dies wenige hilft uns nicht weiter 43; was etwa
aus dem okzidentalischen Material auf kleinasiatische Kunst zurück-
gehen mag, entzieht sich meinem Urteil. — Ich muß mich damit
begnügen, auf das Problem hinzuweisen, das sich hier stellt —
eines der vielen, die die F.rage nach clem Verhältnis von Spät-
antike und altem Christentum, von Orient und Rom so lockencl,
aber auch so scliwer lösbar machen.
42 Die Zwölfzahl der Apostel ist damals längst kanonisch geworden, und sie
selbst erscheinen „wie Halbgötter“ (Harnack, a. a. 0. I, 250), sie sind ouüTfipet;
tüüv dvhpLÜTraiv, „Könige“ (ebenda 294 A. 1).
43 Strzygowski, Ivleinasien ein Neuland der Kunstgeschic-hte, S. 196f. Dort
Ahb. 141 das Fragment eines Petrusreliefs des V. Jhds. (in Berlin).
Otto Weinreich:
Wenn nun gerade in dieser Zeit die alte Verbindung von
Herrscher- und Zwölfgötterkult neu auflebt und eine Form an-
nimmt, die nirgendwo eine nähere Parallele hat als eben in der
Verehrung Ghristi und seiner zwölf Begleiter 42, dann liegt die Ver-
suchung gewiß nahe, hierin eine Pveaktion gegen den wachsenden
Einfluh des Ghristenglaubens zu erbiicken. Längst vorhandene
Kultformen erwachten in diesem Winkel Lykiens zu neuem und
eigentümlichem Leben, wie ich glauben möchte, in bewußtem
Gegensatz zu dem neuen Bekenntnis. Ob die Rivalität sich dort
nicht nur auf die Glaubensinhalte, sondern auch schon auf die
bildlichen Darstellungen erstreckte? Ich kann diese Frage nur
stellen, aber nicht beantworten, da ich nicht weiß, wann in Klein-
asien die Darstellungen Ghristi im Apostelkollegium einsetzen. Von
altchristlicher Reliefkunst aus Kleinasien gibt es, soviel ich sehe,
wenig genug, uncl dies wenige hilft uns nicht weiter 43; was etwa
aus dem okzidentalischen Material auf kleinasiatische Kunst zurück-
gehen mag, entzieht sich meinem Urteil. — Ich muß mich damit
begnügen, auf das Problem hinzuweisen, das sich hier stellt —
eines der vielen, die die F.rage nach clem Verhältnis von Spät-
antike und altem Christentum, von Orient und Rom so lockencl,
aber auch so scliwer lösbar machen.
42 Die Zwölfzahl der Apostel ist damals längst kanonisch geworden, und sie
selbst erscheinen „wie Halbgötter“ (Harnack, a. a. 0. I, 250), sie sind ouüTfipet;
tüüv dvhpLÜTraiv, „Könige“ (ebenda 294 A. 1).
43 Strzygowski, Ivleinasien ein Neuland der Kunstgeschic-hte, S. 196f. Dort
Ahb. 141 das Fragment eines Petrusreliefs des V. Jhds. (in Berlin).