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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 1. Abhandlung): Über die grundsätzliche Unmöglichkeit einer Vereinigung von universeller Teleologie und Mechanismus — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33291#0021
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Unmöglißhkeit einer „Vereinigung“ von Teleologie und Mechanismus. 13

aber ist das möglich, ohne daß der gesamte Mechanismus auf die
Gesamtheit der Teilganzheiten gleichsam eingestellt ist ? Ist
er das aber, nun, so ist er ja wieder gar lcein „Mechanis-
mus“, sondern eben, trotz allem, eine Ordnung, und wir
sind bei clen Ergebnissen unseres ersten Gedanken-
ganges angelangt. Da war eben gar kein „Mechanismus“,
wo Teilganzheiten das Ergebnis rein-räumlichen Gescheliens sind!

Die Lehre von den ,,mechanisch“ verbürgten Teilganzheiten
hebt also den ,,Mechanismus“ als Begriff auf, ganz ebenso wie
unser früher durchgeführter Gedankengang. Wird aber vom
Begriffe des echten Mechanismus ausgegangen, so erstehen nie
und nimmer Teil-,,Ganzheiten“.

10. Universelle ,,Teleologie“ war raumhaft durcliaus nicht,
weder unmittelbar, noch mittelbar, erfahrbar; sie war reines
Postulat, und es bestand, wenigstens grundsätzhch, die Möglich-
keit, sie vermutungsweise zu retten durch Aufgabe der spinozi-
stischen Lehre vom durchgängigen Raumbezeichnetsein des Wirk-
lichen, also durch Annahme solcher Züge des einen Echt-Wirkli-
chen, welche mir niclit in Raumzeichen zugänglich sind. Was
nun lieißt es, dem empirischen Wissen, das uns Teilganzheiten
und Zufall kennen lehrt, treubleiben und einen Ordnungsmonis-
mus gar nicht einmal zu retten versuchen ?

Teilganzheiten sind einerseits, in Form der organischen Indi-
viduen, für die Erfahrung wirkhch, andererseits werden sie in
berechtigter Weise vermutet — in der Geschichte, cler Pliylogenie
und vielleicht auch im,,Anorganischen“ 1. Beidemal stehen sie für die
Erfahrung scharf abgegrenzt inmitten des eclrt ,,mechanischen“
Zuf alls.

Wie können wir cliese gekannten oder geahnten Teilganz-
lieiten als möglick erscheinen lassen, wenn wir ausdrücklich aucli
echten Zufall zulassen, wenn wir also grundsätzlich das ord-
nungsmonistische Postulat einer universellen Ganzheit in jeder
Form aufgeben, sowohl in der den Mechanismus nur begrifflich,
wie in der ihn sachlich vernichtenden, wenn wir Dualisten werden ?

Zunächst muß einmal rückhaltlos gesagt werden, daß der
Dualismus, das heißt die Lehre von der Wirklichkeit
von echter Ganzheit und von echter Nichtganzlieit, eine
Hypothese ist und bleiben muß, denn der sein Nichtwissen durch

1 Vgl. hierzu das wichtige Werk von Henderson The Fitness of
the Environment, New-York 1913.
 
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