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Driesch, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 1. Abhandlung): Über die grundsätzliche Unmöglichkeit einer Vereinigung von universeller Teleologie und Mechanismus — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33291#0025
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Unmögiichkeit einer „Vereinigung“ von Teleologie und Mechanismus. 17

lechie an und mit den persönlichen am Stoffe ausgeprägten Ente-
lechien, also Unkennbares an und mit Unkennbarem —■ wieder
ganz ohne Beziehung auf die Frage des ,,An sich“ 1. Und unkenn-
bar ist auch das Yerwirklichungsergebnis des überpersönlichen Ganz-
heitsfaktors. Denn dieses ist ja nicht, wie beim Vitalis-
mus, ein materieller Zustand, eine verwirklichte ,,Form“
engeren und zugänglichen Sinnes 2. Und dazu kommt noch die ganz
besondere Schwierigkeit, daß der Denker in dem von ihm erforsch-
ten überpersönlichen Verlauf mitten darin steht, ja daß dieser
Verlauf nur aus gewissen Zeichen, von denen das „sittliche Be-
wußtsein“ das vornehmste ist, hypothetisch als tatsächlich —
und nicht nur als ordnungsmäßig gefordert —- erschlossen wird.

Wie biologische Entelechie Materie benutzt, das konnten wir
uns noch einigermaßen ausdenken; wie aber überpersönliche Ente-
lechie Personen „benutzt“, das ist für uns unausdenkbar. Immer-
hin mag gesagt sein, daß folgende Erwägung uns wenigstens einen
möglichen Effekt solcher „Benutzung“ vor Augen führen kann:
Was jede einzelne Person als „Willenserlebnis“ erlebt und in die
,,Tat“ umsetzt, das mag als Folge oder, wohl besser, als Begleit-
erscheinung ihres ganz besonderen Benutztseins seitens überper-
sönlicher Entelechie erscheinen. Durch die Tat des einen wird
dann, durch materielle, allen möglichen „Zufällen“ ausgesetzte
Vermittlung, wieder der andere gleichsam benaclrrichtigt, und
in ihm schafft nun das Überpersönliche, selbst sozusagen benach-
richtigt, ein neues Willenserlebnis 3.

Daß die gesamte überpersönliche Evolution, wie sie z. B. in
der Geschichte vermutet wird, ein so merkwürdig zusammen-
gesetztes, schwer zu entwirrendes Geschehensgeflecht ist, aus dem
sich so schwierig die wirkliche Entwicklungslinie herausfinden
läßt, das alles aber wird verständlich bei der dualistischen An-
nahme, daß da nicht eine sich klar entwickelnde Ganzheit bestehe
und nichts weiter, sondern daß überpersönliche Ganzheit in ganz
seltsamer Weise, so gut es geht, in ihrer Entwicklung eingepreßt
ist in das Reich des Zufälligen. Doch soll dieser Gedanke hier
nicht näher verfolgt werden, und es mag nur gesagt sein, daß

1 Hierzu Anm. 1 auf S. 16. — Alles überpersönliche Geschehen gehört
zur Natur in dem von uns festgelegten Sinne.

2 S. Ordnungslehre S. 251—281, zumal S. 273 ff.

3 Zum Begriff des „Willenserlebnisses“ s. meine Logik als Aufgabe
(1913) S. 77 ff.

Sitzungsberichte d. Heidelb. Akademie, phil.-hist. KJ- 1914. 1. Abh. 2
 
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