Eine jüdische Gründungsgeschichte Alexandrias. 19
man das Bürgerrecht auf den Stadtgründer selbst, auf Alexander,
zurück; so Joseph. bell. Jud. II 18, 7 (487). Und während Jose-
phus an dieser Stelle weiterhin sagt, die Diadochen hätten den
Juden ihr Quartier eingeräumt (to-ov l'Siov c/.uTolq d<pwpujav), führt
er an anderer Stelle (c. Ap. II 4) dies auf Alexander selbst
zurück: elc, xaTor/.TjOLv Sz ocvTolq sScoxev tottov ’Aks^avSpoc; xal l'app ruapd
tolc; MaxeSoot, Tip% Itustu^ov, also bei dem gleichen Historiker ver-
schieclene Angaben 1.
In diesen Gedankenkreis der Juden von Alexandria gehört
nun auch offenbar unser Text hinein: Auch er spricht von der
Gründung Alexandrias und des alexandrinischen Judenviertels
durch Alexander, von seinem freundschaftlichen Verhältnis zu den
Juden und ihrer Religion und nimmt Rücksicht auf die jüdische
Offenbarung von der Vierteilung der Diadochenreiche. Läßt sich
auf diese Weise der Gedankenkreis ungefähr bestimmen, so ist es
schwieriger, bestimmte Zeitangaben für unsern Text — oder sagen
wir lieber: für seineVorlage — zu machen. Beachtet man, daß der
Verfasser die Weissagung des Danielbuches und die Septuaginta
kennt und daß in demText ähnliche Ansichten sich aussprechen,
wie sie uns bekannt sind aus einer Zeit, in welcher die Juden
mit allem Nachdruck auf ihr Bürgerrecht und das von ihnen
fälschlich in Anspruch genommene hohe Alter ihres Bürgerrechts
hinwiesen, so darf wenigstens die Vermutung geäußert werden,
daß auch unsere Gründungsgeschichte nicht sehr viel nach der
Zeit des Josephus anzusetzen ist. Daß dem Josephus selbst
diese Erzählung bekannt war, möchte ich nicht aus seiner Angabe
schließen, nach der Alexander selbst das Judenviertel in Alexandria
gegründet hat. Eher dürfte man sagen, daß Joseplius unsere
Episode nicht gekannt hat, da er mit keinem Wort auf sie hin-
weist, während sie ihm doch so brauchbares Material geboten hätte.
Unsere Geschichte scheint eher eine Weiterbildung der bei
Josephus vorliegenden Notiz zu sein. Aber andrerseits wird man
die Entstehung unserer Episode nicht nach der Zeit der völligen
Unterdrückung des Judentums unter Kaiser Hadrian ansetzen
wollen. So wird das erste Jahrhundert n. Chr. a n meisten als
Entstehungszeit der jüdischen Gründungslegende in Betracht
kommen.
1 Ygl. auch Willrich, Klio III (1903) 404f.
2*
man das Bürgerrecht auf den Stadtgründer selbst, auf Alexander,
zurück; so Joseph. bell. Jud. II 18, 7 (487). Und während Jose-
phus an dieser Stelle weiterhin sagt, die Diadochen hätten den
Juden ihr Quartier eingeräumt (to-ov l'Siov c/.uTolq d<pwpujav), führt
er an anderer Stelle (c. Ap. II 4) dies auf Alexander selbst
zurück: elc, xaTor/.TjOLv Sz ocvTolq sScoxev tottov ’Aks^avSpoc; xal l'app ruapd
tolc; MaxeSoot, Tip% Itustu^ov, also bei dem gleichen Historiker ver-
schieclene Angaben 1.
In diesen Gedankenkreis der Juden von Alexandria gehört
nun auch offenbar unser Text hinein: Auch er spricht von der
Gründung Alexandrias und des alexandrinischen Judenviertels
durch Alexander, von seinem freundschaftlichen Verhältnis zu den
Juden und ihrer Religion und nimmt Rücksicht auf die jüdische
Offenbarung von der Vierteilung der Diadochenreiche. Läßt sich
auf diese Weise der Gedankenkreis ungefähr bestimmen, so ist es
schwieriger, bestimmte Zeitangaben für unsern Text — oder sagen
wir lieber: für seineVorlage — zu machen. Beachtet man, daß der
Verfasser die Weissagung des Danielbuches und die Septuaginta
kennt und daß in demText ähnliche Ansichten sich aussprechen,
wie sie uns bekannt sind aus einer Zeit, in welcher die Juden
mit allem Nachdruck auf ihr Bürgerrecht und das von ihnen
fälschlich in Anspruch genommene hohe Alter ihres Bürgerrechts
hinwiesen, so darf wenigstens die Vermutung geäußert werden,
daß auch unsere Gründungsgeschichte nicht sehr viel nach der
Zeit des Josephus anzusetzen ist. Daß dem Josephus selbst
diese Erzählung bekannt war, möchte ich nicht aus seiner Angabe
schließen, nach der Alexander selbst das Judenviertel in Alexandria
gegründet hat. Eher dürfte man sagen, daß Joseplius unsere
Episode nicht gekannt hat, da er mit keinem Wort auf sie hin-
weist, während sie ihm doch so brauchbares Material geboten hätte.
Unsere Geschichte scheint eher eine Weiterbildung der bei
Josephus vorliegenden Notiz zu sein. Aber andrerseits wird man
die Entstehung unserer Episode nicht nach der Zeit der völligen
Unterdrückung des Judentums unter Kaiser Hadrian ansetzen
wollen. So wird das erste Jahrhundert n. Chr. a n meisten als
Entstehungszeit der jüdischen Gründungslegende in Betracht
kommen.
1 Ygl. auch Willrich, Klio III (1903) 404f.
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