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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 12. Abhandlung): Eros und Psyche in der ägyptisch-griechischen Kleinkunst — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33315#0007
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Eros und Psyche.

7

Hals in dem gegiirteten Gewande verhüllt 1. Während Eros seiner
Gefährtin beide Arme um den Hals schlingt, legt sie nur die rechte
Hand um seinen Nacken und hält in der gesenkten linken ein
dXaßaoTpov oder eine Flasche, die, oben etwas schmäler, sich in
der Mitte ausbaucht und am Fuß wieder verjüngt.

Mit dieser Darstellung berührt sich eng eine Tonlampe, die
G. Botti in seinem Katalog des griechisch-römischen Museums
zu Alexandrien (Alexandria 1901), S. 64 unter Nr. 1432 erwähnt
und in starker Verkleinerung auch ahgebildet hat; eine Photo-
graphie danke ich der außerordentlichen Liebenswürdigkeit des
jetzigen Direktors Dr. Breccia (Taf. I, Fig. 3 b). Vergleicht man
die beiden Abbildungen, so erkennt man ohne weiteres, daß die
Verfertiger der Flasche und der Lampe von demselben Original,
einem größeren Kunstwerk abhängig sind, das Prof. Wilh. Weber
der frühalexandrinischen Kunst zuschreiben möchte. Abbil-
dungen von ihm haben sich offenbar lange in den Vorlagen oder
Musterbüchern 2 cles Kunsthandwerks erhalten. Die Lampe ge-
'hört nach Wilh. Weber erst der Kaiserzeit an; die Flasche mag
etwas älter sein.

Damit ist erwiesen, daß das Gefäß in der Hand Psyches nicht
aus einem spielenden Einfall des Verfertigers der Flasche zu er-
klären ist, der etwa nur, weil er eine solche verzieren wollte, auch
der Psyche selbst eine Flasche in die Hand gab 3. Es gehört viel-
mehr offenbar notwendig zur Bezeichnung der Situation. Dadurch,
daß sie das Gefäß bringt, hat Psyche sich die Wiedervereinigung
mit Eros erworben 4. Den Kuß der beiclen Liebenden bei dieser
Vereinigung stellt die Gruppe clar.

1 Die scharfe Fältelung des Überschlags, die bei dergleich zu erwähnen-
den alexandrinischen Lampe fast noch klarer ist, erinnert Wilh. Weber,
wie er mir gütig mitteilt, an eine merkwürdige Terrakottadarstellung der
Athena-Neith im Museum zu Athen, die am ehesten Bronze imitieren oder
einen preziös archaisierenden Zug bewahren soll.

2 Ygl. über sie Wilh. Weber a. a. O. S. 13.

3 An sich wählt natürlich der Kunsthandwerker aus einem Mythos
gern die Szene, die sich für den Gegenstahd, den er schmücken will, am besten
eignet. Er stellt wohl nicht ohne Absicht an dem Lämpchen Psyche mit
der Lampe, an der Flasche Psyche mit der Flasche, an der Kanne Eros mit
der Kanne dar. Aber die Szenen sind nicht für das Gerät erfunden, sondern
nur für es aus einer Mustersammlung irgendwelcher Art ausgewählt. Die
Lampe von Alexahdria zeigt, daß ein altes Vorbild bis in die kleinste Einzel-
heit getreu nachgebildet ist.

4 Auf die Erzählung des Apuleius brauche ich nur zu verweisen.
 
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