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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 13. Abhandlung): Über die ahurischen und daēvischen Ausdrücke im Awesta: eine semasiologische Studie — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33316#0014
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14

Hermann Güntert:

phantenrüssel“), pancasäkha- „Fünfzweig bildend“, ygl. die Be-
deutung von lat. palma, harana- ,,Hand“ zu harati ,,nimmt, greift“,
sama- zu samyati ,,müht sich ah“ u. a.

21. Diese üppige Fülle von Ausdrücken erklärt sich aus der
unhegrenzten Möglichkeit der Begriffsbildung: hei jeder Wort-
schöpfung in den Zeiten, die wir einigermaßen an Hand der historisch
belegten Wörter verfolgen können, wird ein Gegenstand nach
einer der vielen Eigenschaften henannt, clie als Summe ein Ding
ausmachen. Wie es mit der Schöpfung der „Urwörter“ steht, ist
unklar: darüber gibt es bis jetzt zwar viele Hypothesen, aber kein
Wissen; allein bei der Schaffung der jüngeren Wörter kann jede
Eigenschaft, jedes sinnliche Merkmal zum Anstoß einer neuen
Wortbildung werden. Unser obiges Beispiel kann schon den ver-
schiedenen Standpunkt zeigen, von dem aus man die Hand cha-
rakterisierte: Die innere oder äußere Handfläche, die Hand mit
ausgespreizten Fingern, die zusammengeballte Hand, die hohle
Hand, clie Hand als „nehmencle“, „greifende“, „tragende“, „deu-
tende“ -— all das kann durch besondere Worte bezeichnet werden.
Diese Neubildung weiterer Synonyme setzt sich stets gleichmäßig
fort: im nhd. Dialekt tauchen z. B. Schöpfungen auf, wie Patscherl
(zu patschen, Patschhand) oder Greiferl. Wenn es gilt, besonders
scharf zu scheiden, z. B. in einer sog. Standessprache, werdensolche
Speziahvorte besonders nötig sein.

22. Aber auf der anderen Seite entwickelt man mit dem Fort-
schreiten des Denkens allgemeinere, all diese Sonderwörter in sich
fassende Gattungs- oder Sammelbegriffe: eben ,,Hand u im allge-
meinen. Sobald ein Begriff aus den Einzelwahrnehmungen ab-
strahiert wurde, muß ein Wort zur Stelle sein, das als akustisches
Zeichen cliesem neuen Hirnbesitze entspricht; das aber bedeutet
clen Tocl jener Sonderbenennungen, clie jetzt überflüssig'geworden
sincl. In cler einen der Einzelsprachen erscheint dann dieses, in
einer anderen jenes cler alten Spezialwörter in der abgeblaßten
Gesamtbecleutung clurchgefiihrt.

So stehen zu allen Zeiten des natürlichen Sprachlebens Wörter
mit ganz ähnlicher Bedeutung im Kampfe miteinander, altererbte
Formen indogermanischen Uradels haben sich oft zu wehren gegen
neue, lebenskräftige Emporkömmlinge, und nicht selten erliegen
sie in diesem Kampfe um ihr Dasein.

23. Bleiben clie Synonyme aber am Leben, so kommen zwei
Möglichkeiten in Betracht: das nächstliegende ist die Bedeutungs-
 
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