Über die ahurischen und daevischen Ausdrücke im Awesta. 17
für Adler, Minne für Liebe, der Quell (: die Quelle), Bronnen und
Born (: Brunnen), Blumenhag, Hain usw. Wenn keine Synonyme
mit hohen Gefühlsexponenten gerade zur Verfügung stehen, so
greift der Dichter oft lieher zu Umschreibungen, als daß er den
ahgegriffenen Ausdruck cler Volkssprache annimmt: ich erinnere
dafür nur an die Kenningar der isländischen Skalden oder an die
Anweisungen in Harsdörfeers „Nürnherger Trichter“.
26. Dieses Begleitgefühl vieler Worte kann mit dem rein
akustischen Lautgebilde für unser Empfinden so verschmelzen,
claß wir annehmen möchten, im äußeren Lautklange sei dieses
Gefühl symbolisch enthalten 1: wir möchten es oft als die Folge
des Wohllautes betrachten; man vgl. Fälle, wie traut, hold, süß,
lieblich, zart: selig, Bose, säuseln, glitzern, oder andererseits plump,
spitz, zackig, eckig, sauer, schrill, täppisch, gräßlich — alles Wörter,
die man keineswegs als rein onomatopoetisch bezeichnen kann:
wir wähnen in solchen Fällen Lautmalerei zu empfinden und reden
wohl von der Musik der Sprache. Interessant ist in cliesem Zusam-
menhang eine Stelle in Grillparzers Sappho (III, 5), wo der Name
Melitta auf sein immanentes Begleitgefühl von der feinsinnigen
Dichterin untersucht wird:
,,Melitta! Ach, ein süßer, weicher Name,
Ein ohrbezaubernd, liebevoller Name!“
Allein wir müssen uns wohl clieser Täuschung bewußt sein,
als ob nur durch das akustische Klanggebilde dieser süße Duft,
der solche Wörter umhaucht, erzeugt werde —• ein Irrtum, cler
sogar Jakor Grimm zu seiner bekannten Theorie vom Ursprung
der Sprache verleitete: wir legen das nur hinein, weil cler Wortklang
mit clen der Vorstellung anhaftenden Begleitgefühlen eng assoziiert
wircl; man kann nicht sagen, Bose ,,klinge schöner“ als etwa Iiose,
Sauce, traut schöner als laut: der Unterschied des Begleitgefühles
dieser lautähnlichen Wörter ist aber sehr groß.
Natürlich klingen für unser Gefühl Worte mit schlechter Be-
deutung düster und unangenehm; um auch hier ein Beispiel zu
geben, erinnere ich an die Stelle im ,,Faust“ (II, V), wo clie vier
grauen Weiber sich clem Helden nahen:
1 S. auch J. KELLERa. a. O., der in feinsinniger Weise über das Begleit-
gefühl der Synoüyme geschrieben hat.
SitzungsbericMe der Heidelb. Akademie, pbil.-liist. Kl. 1914. 13. Abb.
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für Adler, Minne für Liebe, der Quell (: die Quelle), Bronnen und
Born (: Brunnen), Blumenhag, Hain usw. Wenn keine Synonyme
mit hohen Gefühlsexponenten gerade zur Verfügung stehen, so
greift der Dichter oft lieher zu Umschreibungen, als daß er den
ahgegriffenen Ausdruck cler Volkssprache annimmt: ich erinnere
dafür nur an die Kenningar der isländischen Skalden oder an die
Anweisungen in Harsdörfeers „Nürnherger Trichter“.
26. Dieses Begleitgefühl vieler Worte kann mit dem rein
akustischen Lautgebilde für unser Empfinden so verschmelzen,
claß wir annehmen möchten, im äußeren Lautklange sei dieses
Gefühl symbolisch enthalten 1: wir möchten es oft als die Folge
des Wohllautes betrachten; man vgl. Fälle, wie traut, hold, süß,
lieblich, zart: selig, Bose, säuseln, glitzern, oder andererseits plump,
spitz, zackig, eckig, sauer, schrill, täppisch, gräßlich — alles Wörter,
die man keineswegs als rein onomatopoetisch bezeichnen kann:
wir wähnen in solchen Fällen Lautmalerei zu empfinden und reden
wohl von der Musik der Sprache. Interessant ist in cliesem Zusam-
menhang eine Stelle in Grillparzers Sappho (III, 5), wo der Name
Melitta auf sein immanentes Begleitgefühl von der feinsinnigen
Dichterin untersucht wird:
,,Melitta! Ach, ein süßer, weicher Name,
Ein ohrbezaubernd, liebevoller Name!“
Allein wir müssen uns wohl clieser Täuschung bewußt sein,
als ob nur durch das akustische Klanggebilde dieser süße Duft,
der solche Wörter umhaucht, erzeugt werde —• ein Irrtum, cler
sogar Jakor Grimm zu seiner bekannten Theorie vom Ursprung
der Sprache verleitete: wir legen das nur hinein, weil cler Wortklang
mit clen der Vorstellung anhaftenden Begleitgefühlen eng assoziiert
wircl; man kann nicht sagen, Bose ,,klinge schöner“ als etwa Iiose,
Sauce, traut schöner als laut: der Unterschied des Begleitgefühles
dieser lautähnlichen Wörter ist aber sehr groß.
Natürlich klingen für unser Gefühl Worte mit schlechter Be-
deutung düster und unangenehm; um auch hier ein Beispiel zu
geben, erinnere ich an die Stelle im ,,Faust“ (II, V), wo clie vier
grauen Weiber sich clem Helden nahen:
1 S. auch J. KELLERa. a. O., der in feinsinniger Weise über das Begleit-
gefühl der Synoüyme geschrieben hat.
SitzungsbericMe der Heidelb. Akademie, pbil.-liist. Kl. 1914. 13. Abb.
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