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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 13. Abhandlung): Über die ahurischen und daēvischen Ausdrücke im Awesta: eine semasiologische Studie — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33316#0028
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28

Hermann Güntert:

maßen, vom grausamen Stechen bei der Tortur (,,mit eisernen
Messern soll man ihm his auf die Knochen schneiden“ V. 4, 50),
vom Anschneiden eines tollen Hundes und vom Zerfetzen der
Leichenkleider: im wesentlichen also geht kardt- sehr im Gegen-
satze zu '&wards- auf das grausame und blutige Zerhacken und
Zerschneiden. Hieraus ergiht sich, daß die an und für sich schon
wenig wahrscheinliche Verbindung von &wards- mit gr. oap£
„Fleisch“ (Träutmann ZDMG 59, 698) ganz unrichtig ist.

Es ist also sehr wohl verständlich, daß dieses hlutrünstige
Wort für das „Schaffen“ des Teufels paßt, der einem Schlächter
vergleichbar aus hlutiger Fleischmasse seine Geschöpfe zurecht-
hackt. Ahgesehen von dem alt ererhten dä- (= ai. dhä-) „schaffen“
wird noch tas- vom Hervorbringen des guten Geistes angewandt,
insbesondere ist tas- der Ausdruck für die Erschaffung des Urrindes,
vgl. auch tasan- „Schöpfer“, Name einer Gottheit. Auch tas- geht
lediglich auf ein Spalten und Schneiden von Holz, und zwar ist
ihm der Nehensinn des kunstvollen Schnitzens und Bildens eigen,
vgl. ai. täksati: gr. tsxtwv.

V.

42. Bei dem dualistischen Charakter von Zara.&ustras Lehre
ist es klar, daß unwillkürlich ohne bewußte Absicht viele Wörter
nur von Wesen der guten, andere wieder nur von solchen der schlech-
ten Welt gehraucht werden können. Der Riß, der den ganzen
Kosmos in zwei Stücke teilt, muß auch durch die AwestaSprache
gehen. Wörter wie aka- „schlecht, übel, böse“, wie anra- „schlecht,
feindlich“, urüpaya- „betrügen“, rärdsa- „abtrünnig“, rasah-
,*,Schaden“, mairya- „Schurke, Bösewicht“, ddhu- „betören“,
sarddana- „Verächter“, sima- „greulich“, xrvant- „grausig“, sowie
alle Bezeichnungen menschlicher Leiden — kurz alle Wörter, die
auf das Unangenehme und Häßliche in der Welt und im Leben
gehen, werden nach der ganzen Tendenz des Awesta nur von teuf-
lischen Wesen oder Dingen gebraucht werden können, weil eben
ailes Häßliche und alles Schlechte in der Welt das Werk des
hösen Geistes ist; andererseits können Ausdrücke wie vohu-
„gut, edel“, x vardnahvant- „herrlich“, hvlra- „trefflicher Held“,
srlra- „schön“, spdnta- „heilig“ u. v. a. nur auf Dinge oder
Angehörige Ormazds gehen, weil alles „Schöne“ und „Herrliche“
die Gabe dieses Gottes ist. Ausnahmen von diesem Grundsatz
 
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