Über die ahurischen und daevischen Ausdrücke im Awesta.
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daevisches Wortpaar geschaffen werclen soll, so wundern wir
uns auch nicht, daß zwar in einigen Fällen Synonyme vorliegen,
aber doch nicht spezialisiert worden sind z. B. vaena- und
näh-, nänhan- ,,Nase“ oder bäzu- und ardma- „Arm“, drdzu- und
angusta- „Finger“ usw.; nur unsere Beachtung des Gefühls-
exponenten erklärt diese Tatsache, die sonst ein Rätsel hliebe:
keines dieser hedeutungsgleichen Wörter besaß ein so ausge-
prägtes, sei es positives oder negatives Begleitgefühl, als daß man
es ausschließlich auf Wesen der einen von den beiden Schöpfungs-
klassen hatte spezialisieren können. Wir sehen auch daraus wieder,
daß die Verteilung der a/mrischen und daevischen Sonderausdrücke
in Wahrheit gar nicht „gekünstelt“ oder willkürlich vorgenommen
wurde: hätte man gewaltsam solche Doppelwörter schaffen wollen,
so hätte man sich gewiß solche Fälle wie drdzu-:angusta-, vaena-:
näh- usw. nicht entgehen lassen und hier eine gewaltsame Scheidung
vorgenommen; Material an Worten wäre vorhanden gewesen, aber
man hat keineswegs die Sprache vergewaltigen wollen.
Wenn Wörter begegnen, die ausschließlich auf daevische Wesen
bezogen vorkommen, ohne daß ihnen also ein ahurisches Oppositum
entspricht, so sind das ausnahmslos Wörter mit niedriger, schlechter
Bedeutung und stark negativem Begleitgefühl, also etwa Verba,
wie mardk- „töten“, aen- „Gewalt antun“, mardd- „verderben“,
tbaes- „anfeinden“ (doch vgl. havdyö-dvaesah- „ein echter Feind
der DrwgGenossen Y. 43, 8). Auch Substantiva wie driwika- „Stöh-
nen“, sraska- „Heulen, Greinen“ undVerba, wie raod- „jammern“,
xraos- „schreien“, garez- „jammern, wimmern“ werden im Awesta
meistens von daevischen Geschöpfen gebraucht, s. auch oben § 42:
und das ist sehr begreiflich, weil das Awesta darstellen will, wie
schlimm es den DrugGenossen im Kampf gegen den guten Geist
und seine Anhänger ergeht. Man schildert mit bewußter und
deutlicher Absicht, wie bei diesem Kampf der beiclen Schöpfungs-
gruppen miteinander dieFeinde des Glaubens niedergetreten werden;
alle Mittel, die eine orientalische Phantasie erwartet, müssen da her-
halten. Als Prädikate der gehaßten Gegner müssen sich also
von selbst Verwünschungen und Schimpfworte einstellen. Man
darf bei der Frage nach dem Ursprung und Wesen dieser Doppel-
ausdrücke auch clas ästhetische uncl stilistische Moment keineswegs
vernachlässigen; dieser Unterschied ist ebenso berechtigt und leicht
verständlich, wie etwa die öfters beachtete Tatsache, daß die
Elfenkönigin in Shakespeares „Sommernachtstraum“ „poetisch“
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daevisches Wortpaar geschaffen werclen soll, so wundern wir
uns auch nicht, daß zwar in einigen Fällen Synonyme vorliegen,
aber doch nicht spezialisiert worden sind z. B. vaena- und
näh-, nänhan- ,,Nase“ oder bäzu- und ardma- „Arm“, drdzu- und
angusta- „Finger“ usw.; nur unsere Beachtung des Gefühls-
exponenten erklärt diese Tatsache, die sonst ein Rätsel hliebe:
keines dieser hedeutungsgleichen Wörter besaß ein so ausge-
prägtes, sei es positives oder negatives Begleitgefühl, als daß man
es ausschließlich auf Wesen der einen von den beiden Schöpfungs-
klassen hatte spezialisieren können. Wir sehen auch daraus wieder,
daß die Verteilung der a/mrischen und daevischen Sonderausdrücke
in Wahrheit gar nicht „gekünstelt“ oder willkürlich vorgenommen
wurde: hätte man gewaltsam solche Doppelwörter schaffen wollen,
so hätte man sich gewiß solche Fälle wie drdzu-:angusta-, vaena-:
näh- usw. nicht entgehen lassen und hier eine gewaltsame Scheidung
vorgenommen; Material an Worten wäre vorhanden gewesen, aber
man hat keineswegs die Sprache vergewaltigen wollen.
Wenn Wörter begegnen, die ausschließlich auf daevische Wesen
bezogen vorkommen, ohne daß ihnen also ein ahurisches Oppositum
entspricht, so sind das ausnahmslos Wörter mit niedriger, schlechter
Bedeutung und stark negativem Begleitgefühl, also etwa Verba,
wie mardk- „töten“, aen- „Gewalt antun“, mardd- „verderben“,
tbaes- „anfeinden“ (doch vgl. havdyö-dvaesah- „ein echter Feind
der DrwgGenossen Y. 43, 8). Auch Substantiva wie driwika- „Stöh-
nen“, sraska- „Heulen, Greinen“ undVerba, wie raod- „jammern“,
xraos- „schreien“, garez- „jammern, wimmern“ werden im Awesta
meistens von daevischen Geschöpfen gebraucht, s. auch oben § 42:
und das ist sehr begreiflich, weil das Awesta darstellen will, wie
schlimm es den DrugGenossen im Kampf gegen den guten Geist
und seine Anhänger ergeht. Man schildert mit bewußter und
deutlicher Absicht, wie bei diesem Kampf der beiclen Schöpfungs-
gruppen miteinander dieFeinde des Glaubens niedergetreten werden;
alle Mittel, die eine orientalische Phantasie erwartet, müssen da her-
halten. Als Prädikate der gehaßten Gegner müssen sich also
von selbst Verwünschungen und Schimpfworte einstellen. Man
darf bei der Frage nach dem Ursprung und Wesen dieser Doppel-
ausdrücke auch clas ästhetische uncl stilistische Moment keineswegs
vernachlässigen; dieser Unterschied ist ebenso berechtigt und leicht
verständlich, wie etwa die öfters beachtete Tatsache, daß die
Elfenkönigin in Shakespeares „Sommernachtstraum“ „poetisch“