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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Junker, Heinrich F. J. [Bearb.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 14. Abhandlung): Drei Erzählungen auf Yaynā̄bī — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33317#0005
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Drei Erzählungen auf YaYnäbi.

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sartischer Geschichten vertreibt, was natürlich verhindert, daß sich
ein Stamm von Erzählungen in der Muttersprache halten uncl ein-
bürgern kann. Aus Eigenem solche Erzählungen zu erfinden,
dazu fehlt dem YaTntbl augenscheinlich clie Leichtbeweglichkeit des
Geistes und die Fertigkeit der Einbildungskraft, eine Erscheinung,
die bei den Nachfahren Zaratusts nicht so auffällig ist, als es im
ersten Augenblick den Anschein hat. Man darf auch nicht ver-
gessen, daß clie Yafntbl keineswegs eine völkische' Einheit bilden;
dah ihr Iraniertum vielmehr in reichlicliem Mahe von fremdem Blut
clurchsetzt ist, wenn es auch zum wenigsten griechisches ist, ebenso-
wenig, wie clie YayntblSprache — entgegen der im russischen
Turkestan (Samarkancl) verbreiteten Annahme — eine griechische
Mundart darstellt.

4. Verschiedene Gründe waren es — soweit sich übersehen
läßt —, die den kulturellen Tiefstand oder wmnigstens Stillstand
clieses Volkes und damit seine geistige Unfruchtbarkeit verursacht
haben. Sie lassen sich unter drei Gesichtspunkten betrachten: clie
natürlichen Bedingungen, die Einflüsse der Geistlichkeit und clie ge-
sellschaftlichen Verhältnisse.

5. Das Tal des YaTntb ist eine unsäglich karge und arme
Landschaft. Der Fluß hat sich im Lauf der Jahrtausende in das
Schiefer- und Sandgestein eine an felsigen Hindernissen reiche Bahn
gebrochen. Das harte Gestein setzte einer weitgehenden Austalung
kräftigen Widerstand entgegen und würde dies noch mehr getan
hahen, hätten nicht die häufigen Erclbeben in jenen Gegenden das
innere Gefüge der aufgekippten Feismassen gelockert. Steil uncl
schroff treten stellenweise nackte, nur gelegentlich mit späriichen
Moosen und Flechten bewachsene Felswände aus clem Fluß lieraus
und bilden sein eines, natürlich nicht begehbares Ufer. Dann ist
meist clie andere Uferseite stärker geneigt, so dab die von den
Bergen herabkommenden Schmeizwasser nicht so leicht das ahuviale
Jungland, clas sich in clen Niederungen und an weniger abschüs-
sigen Stellen angesammelt, mitreißen können. Hier allein ist Anbau
von Halmfrucht möglich; hier gedeiht unter günstigen Verhältnissen
eine Aprikosenart (uruq) uncl wild die schwarze Johannisbeere.
Aber harter Arbeit bedarf das wenig fruchtbare Gelände, das mit-
unter ein beträchtliches Stück von der Siedelung entfernt liegt. Die
Gebirgsbäche, clie in raschen Sprüngen clem Yapnäb zueilen, müssen
aufgefangen und clurch ein Netz künstlicher Gräben über die kargen
Felcler geleitet werden, denn die unheimliche Tagesglut, die sich
 
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