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Otto Cartellieri:
Dann lodert aber auch wieder seine Wut in hellen Flammen:
Orléans hâtte verdient, geschunden zu werden 1. Welch ausschweifen-
des Leben führte der Trunkenbold, Spieler und Wollüstling 2!
Er betrog den Herrn von Cany und verführte dessen Gemahlin 3.
Das Unheil, das er auf dem ,,Feste der Wilden“ anrichtete,
ist noch in aller Erinnerung. Dafür sorgt auch schon die zum An-
denken der Verunglückten erbaute Kapeile in der Colestiner-
kirche: die Pariser Studenten nennen sie heute noch ,,la chapelle
des ars, id est de combustis, non de artibus“ 4.
Wie hart war sein tyrannisches Regiment. Alle hatten darunter
zu leiden; die Königin, die er vôllig eingeschüchtert hatte 5, die
Prinzen, die Universität, deren unversôhnlichster Gegner er war 6,
das Volk. Jedermann ersehnte seinen Tod. Wer wagte aber es
laut zu sagen ? ,, II n’y avoit rat qui au col de si grant chat osast
pendre la clochette 7.
Petit läßt sich von seiner Leidenschaft so weit hinreißen,
ein ganz tôrichtes Gerücht aufzutischen: Ludwig sei überhaupt
nicht das Kind König Karls V. und der Kônigin Blanka 8. —
Es ist recht verdächtig, daß manche Geschichten, welche er
schon früher erzâhlt hat, jetzt noch weiter ausgeschmückt werden.
Der Hintertreppenroman des apostatischen Mônches, der im
Auftrage des „Verbrechers Orléans“ den Herrn der Hôlle zu
Hilfe rief, entbehrte doch wahrlich nicht fesselnder Einzelheiten 9.
Wie anschaulich war die Beschwôrung an dem stillen Sonntag-
vormittag beschrieben, als die Teufel Heremas und Estramain,
unauffâllig wie Menschen gekleidet, erschienen. Wie schauerlich
war die Szene in finsterer Nacht, als der Gehenkte vom Galgen
von Montfaucon heruntergeholt wurde! Jetzt tritt noch die
1 Br fol. 79, G 203: Maiz ch’est ledit criminel, qui a fourfait contre
lez loys si grandement et sy villainement, comme dessus est dit. En tant
que on ly deubst avoir fait eschorchier et sa pel mise sus la chaiere de vostre
parlement, qui est justice capital de tout vostre royaume, ad fin que chascun
s’y poeut mirer et prendre exemple. S. auch Br fol. 90, G fol. 219 v.
2 Br fol. 45 v, G fol. 160^: Car il est vray que presque toutes les nuis
il s’enyvroit, jouoit aux dés et couchoit avoec les femmes dissolutes. Et
finablement sa dissolucion que avoit menée de nuit et secretement, se amplia
telement et tant le continua de jour et de nuit que elle fut aussy comme
tout notoire. 3 S. 50. 4 S. 29. 5 Br f. 12T 6 S. 29. 7 Br fol. 12 v, G119 V.
8 Br fol. 81 v, G 207 : Car pluiseurs dient pour che qu’il a esté ainsy
degeneré qu’il ne fut onques son filz ne de la bonne dame la royne, vostre mere.
9 Monstrelet I 224 ff.
Otto Cartellieri:
Dann lodert aber auch wieder seine Wut in hellen Flammen:
Orléans hâtte verdient, geschunden zu werden 1. Welch ausschweifen-
des Leben führte der Trunkenbold, Spieler und Wollüstling 2!
Er betrog den Herrn von Cany und verführte dessen Gemahlin 3.
Das Unheil, das er auf dem ,,Feste der Wilden“ anrichtete,
ist noch in aller Erinnerung. Dafür sorgt auch schon die zum An-
denken der Verunglückten erbaute Kapeile in der Colestiner-
kirche: die Pariser Studenten nennen sie heute noch ,,la chapelle
des ars, id est de combustis, non de artibus“ 4.
Wie hart war sein tyrannisches Regiment. Alle hatten darunter
zu leiden; die Königin, die er vôllig eingeschüchtert hatte 5, die
Prinzen, die Universität, deren unversôhnlichster Gegner er war 6,
das Volk. Jedermann ersehnte seinen Tod. Wer wagte aber es
laut zu sagen ? ,, II n’y avoit rat qui au col de si grant chat osast
pendre la clochette 7.
Petit läßt sich von seiner Leidenschaft so weit hinreißen,
ein ganz tôrichtes Gerücht aufzutischen: Ludwig sei überhaupt
nicht das Kind König Karls V. und der Kônigin Blanka 8. —
Es ist recht verdächtig, daß manche Geschichten, welche er
schon früher erzâhlt hat, jetzt noch weiter ausgeschmückt werden.
Der Hintertreppenroman des apostatischen Mônches, der im
Auftrage des „Verbrechers Orléans“ den Herrn der Hôlle zu
Hilfe rief, entbehrte doch wahrlich nicht fesselnder Einzelheiten 9.
Wie anschaulich war die Beschwôrung an dem stillen Sonntag-
vormittag beschrieben, als die Teufel Heremas und Estramain,
unauffâllig wie Menschen gekleidet, erschienen. Wie schauerlich
war die Szene in finsterer Nacht, als der Gehenkte vom Galgen
von Montfaucon heruntergeholt wurde! Jetzt tritt noch die
1 Br fol. 79, G 203: Maiz ch’est ledit criminel, qui a fourfait contre
lez loys si grandement et sy villainement, comme dessus est dit. En tant
que on ly deubst avoir fait eschorchier et sa pel mise sus la chaiere de vostre
parlement, qui est justice capital de tout vostre royaume, ad fin que chascun
s’y poeut mirer et prendre exemple. S. auch Br fol. 90, G fol. 219 v.
2 Br fol. 45 v, G fol. 160^: Car il est vray que presque toutes les nuis
il s’enyvroit, jouoit aux dés et couchoit avoec les femmes dissolutes. Et
finablement sa dissolucion que avoit menée de nuit et secretement, se amplia
telement et tant le continua de jour et de nuit que elle fut aussy comme
tout notoire. 3 S. 50. 4 S. 29. 5 Br f. 12T 6 S. 29. 7 Br fol. 12 v, G119 V.
8 Br fol. 81 v, G 207 : Car pluiseurs dient pour che qu’il a esté ainsy
degeneré qu’il ne fut onques son filz ne de la bonne dame la royne, vostre mere.
9 Monstrelet I 224 ff.