Beiträge zur Geschichte der Herzöge von Burgund.
11
Geliebte des Mönches auf, dem Orléans sogar ein Bistum in Aus-
sicht gestellt hatte. Ihr konnte der Mönch, der sie über alles liebte,
nichts verheimlichen. Sie lebt noch, ist alt und brav geworden:
sie soll vernommen werden 1.
Von dem Ritter, der dem König die Freveltat Herzog Lud-
wigs enthüllte, weiß Petit noch einen Streit mit dem Konnetabel
von Clisson zu berichten 2. —
Die Ausführungen, welche den Rivalitätskampf der beiden
Vettern betreffen, erregen unser besonderes Interesse. Indem
Petit den Beweis von neuem dafür erbringen will, daß Orléans
wirklich ein Tyrann war, und indem er seinen Heißhunger nach
Besitz brandmarkt, behauptet er, daß der Herzog darnach ge-
trachtet habe, die Normandie und die Guyenne zu erwerben 3.
Ganz Unbekanntes erfahren wir nicht. Der Religieux 4 und
Cochon 5 berichten über die Versuche Ludwigs, die Normandie
zu gewinnen. Monstrelet 6 teilt die Verleihung der Guyenne mit.
Wennauch keine Urkunden vorliegen, somöchte ich dieseNach-
richten nicht ohne weiteres verwerfen 7. Denn Ludwigs Bemühun-
gen, sich gleichen Besitz und gleiche Einkünfte wie das burgundi-
sche Haus zu verschaffen, sind ja von seinem Standpunkt aus
verständlich 8. Daß aber sein Bestreben auch von Männern, die
nicht ausgesprochen burgundisch waren, verurteilt wurde, zeigt
der Beschluß des königlichen Rates nach seinem Tode: man ließ
die Grafschaft Dreux und andere Herrschaften, welche sich Ludwig
hatte verleihen lassen, nicht dem Herzog Karl von Orléans, sondern
vergab sie anderweitig 9.
Nach Petit ließ sich Ludwig von dem König aucli Tournai
schenken 10. Darüber fand ich sonst nichts. Sollte es eine Ver-
wechslung mit Toul sein ? Am 21. Juli 1401 ließ sich Ludwig
den Schutz dieser Stadt übertragen 11.
1 Br fol. 45 v, G fol. 161. Petit weist auch darauf hin, daß z w e i Prozesse
gegen den Mönch angestrengt wurden. 2 Br fol. 49, G fol. 165. 3 S. 23.
4 III 280 ff. Zum J. 1405. 5 S. 371.
6 I 152: „Anfang 1407“, also nach dem 27. März 1407. — Wylie III
84 Anm. 4 verweist zur Bestätigung auf die Duchy of Lancaster Rolls.
7 Goville in Lavisse, Histoire de France IV 329 meint, daß Ludwigs
Aufenthalt in Vernon, welchen ja Petit auch erwähnt (S. 24), mit den Anlaß
zu dem Gerücht über die Pläne auf die Normandie gehoten habe.
8 Es hätte übrigens kein Hindernis gebildet, daß die Guyenne damals
im Besitze des Dauphins war.
9 Wie Petit (unten S. 25) so hat auch Monstrelet I 168 diese
Nachricht. 10 S. 26. 11 Vgl. Cartellieri, Philipp 95 Anm. 5.
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Geliebte des Mönches auf, dem Orléans sogar ein Bistum in Aus-
sicht gestellt hatte. Ihr konnte der Mönch, der sie über alles liebte,
nichts verheimlichen. Sie lebt noch, ist alt und brav geworden:
sie soll vernommen werden 1.
Von dem Ritter, der dem König die Freveltat Herzog Lud-
wigs enthüllte, weiß Petit noch einen Streit mit dem Konnetabel
von Clisson zu berichten 2. —
Die Ausführungen, welche den Rivalitätskampf der beiden
Vettern betreffen, erregen unser besonderes Interesse. Indem
Petit den Beweis von neuem dafür erbringen will, daß Orléans
wirklich ein Tyrann war, und indem er seinen Heißhunger nach
Besitz brandmarkt, behauptet er, daß der Herzog darnach ge-
trachtet habe, die Normandie und die Guyenne zu erwerben 3.
Ganz Unbekanntes erfahren wir nicht. Der Religieux 4 und
Cochon 5 berichten über die Versuche Ludwigs, die Normandie
zu gewinnen. Monstrelet 6 teilt die Verleihung der Guyenne mit.
Wennauch keine Urkunden vorliegen, somöchte ich dieseNach-
richten nicht ohne weiteres verwerfen 7. Denn Ludwigs Bemühun-
gen, sich gleichen Besitz und gleiche Einkünfte wie das burgundi-
sche Haus zu verschaffen, sind ja von seinem Standpunkt aus
verständlich 8. Daß aber sein Bestreben auch von Männern, die
nicht ausgesprochen burgundisch waren, verurteilt wurde, zeigt
der Beschluß des königlichen Rates nach seinem Tode: man ließ
die Grafschaft Dreux und andere Herrschaften, welche sich Ludwig
hatte verleihen lassen, nicht dem Herzog Karl von Orléans, sondern
vergab sie anderweitig 9.
Nach Petit ließ sich Ludwig von dem König aucli Tournai
schenken 10. Darüber fand ich sonst nichts. Sollte es eine Ver-
wechslung mit Toul sein ? Am 21. Juli 1401 ließ sich Ludwig
den Schutz dieser Stadt übertragen 11.
1 Br fol. 45 v, G fol. 161. Petit weist auch darauf hin, daß z w e i Prozesse
gegen den Mönch angestrengt wurden. 2 Br fol. 49, G fol. 165. 3 S. 23.
4 III 280 ff. Zum J. 1405. 5 S. 371.
6 I 152: „Anfang 1407“, also nach dem 27. März 1407. — Wylie III
84 Anm. 4 verweist zur Bestätigung auf die Duchy of Lancaster Rolls.
7 Goville in Lavisse, Histoire de France IV 329 meint, daß Ludwigs
Aufenthalt in Vernon, welchen ja Petit auch erwähnt (S. 24), mit den Anlaß
zu dem Gerücht über die Pläne auf die Normandie gehoten habe.
8 Es hätte übrigens kein Hindernis gebildet, daß die Guyenne damals
im Besitze des Dauphins war.
9 Wie Petit (unten S. 25) so hat auch Monstrelet I 168 diese
Nachricht. 10 S. 26. 11 Vgl. Cartellieri, Philipp 95 Anm. 5.