Metadaten

Cartellieri, Otto [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 6. Abhandlung): Beiträge zur Geschichte der Herzöge von Burgund: V. Fragmente aus der zweiten "Justification du duc de Bourgogne" des Magisters Johann Petit — Heidelberg, 1914

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33309#0012
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
12

Otto Cartellieri :

Was Petit in der Sache Lille, Douai, Orchies vorbringt' 1,
ist recht schwach.

Petit kommt wieder auf die ,,Diebstähle“ Ludwigs zu. spre-
chen 2 und will von den Einwendungen des Abtes von Gerisi nichts
wissen. Wie er behauptet, betrog Ludwig den Kônig bei Erwerbung
der Grafschaft Blois 3 um 200 000 Franken, bei der Auszahlung
der Mitgift der Prinzessin Isabelle, der Witwe Kônig Richards
von England, um 300 000 Franken 4. Er unterschlug bei der ver-
unglückten Belagerung von Bourg 200 000 Franken Soldgelder.
Aus dem Palais eignete er sich einmal 300 000, in Melun ein ander-
mal 100 000 Franken an 5.

Hierzu weiß der Religieux 6 einiges zu berichten. Auch er
wirft Herzog Ludwig vor, den Feldzug nach der Guyenne schmâh-
lich geführt und den Sold seiner Ritter leichtsinnig im Würfel-
spiel verloren zu haben. Der Diebstahl aus dem Palais 7 ist
ihm ebensogut bekannt wie der Einbruch in den Turm von Melun 8;
wie er horte, raubte Ludwig 200 000 Franken und kostbare Juwelen.

Es wird kaum môglich sein, diese Behauptungen im einzelnen
nachzuprüfen. Petit mag aucli hier das eine oder andere zu unrecht
sagen 9, aber sicherlich ging Orléans mit den ôffentlichen Geldern
recht willkürlich um; wohl noch willkürlicher, als es die andern
Prinzen taten, wenn sie am Steuer waren. Die Angaben des Reli-
gieux erscheinen mir glaubwürdig. Ludwig, ,,der sich größer als der
Kônig dünkte/ c wird ohne weiteres für sich das Reclit in Anspruch
genommen haben, nach Gutdünken über die Mittel des Reiches
zu verfügen.

Bemerkenswert sind dann die Ausführungen, welche das
Schisma betreffen 10. Petit erklärt zunächst, daß jenes Bündnis
zwischen König Karl VI. und Papst Benedikt, von welchem
der Abt von Cerisi spreche 11, nicht von Orléans, sondern ohne

1 S. 27. 2 S. 39.

3 Im Oktober 1391. Der Kaufpreis betrug 200 000 Franken. Der

Kônig lieh dem Bruder 50 000 Franken und schenkte sie ihm dann; Jarry,
Louis 82 ff.

4 Die Vermâhlung mit Karl von Orléans fand am 29. Juni 1406 statt.
Die Mitgift betrug zunachst 300 000 Franken, wurde aber spâter auf 500 000
erhôht; Champion, Charles 36 f.

5 Hierbei erzahlt er auch die Entführung des Dauphins Ludwig; S. 41.

6 III 458. 7 III 140. Anfang 1404. Eine Summe ist hier nicht genannt.

8 III 330. Im J. 1405. 9 Wie er auch in betreff von Johanns Lôse-

geld etwas Unrichtiges sagt, S. 40. 10 S. 33. 11 Monstrelet I 330.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften