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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0005
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Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius.

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streifen; näher auf sie einzugehen, wird kaum nötig sein 1. Zwingend
sprechen für sie in der Tat die Zeugnisse der Schrift selbst und
ihrer ältesten Benutzer; noch zwingender fast der kirchenpolitische
Zweck des Werkes und die Stellung seines Verfassers zu dem
Problem der Askese. Athanasius, der in den Mönchen seiner
Provinz die besten, weil von der staatlichen Gewalt völlig unab-
hängigen Hilfstruppen des alexandrinischen Episkopats erkannt
hatte und der es außerdem selhst erfahren hatte, wie mächtig die
seltsame Erscheinung der Wüstenbewohner auf die Phantasie
des Abendlandes wirkte, will in der lebensvollen Darstellung
des Ideals und Archegeten des ägyptischen Mönchtums ein
Doppeltes erreichen: er will einerseits die 'Mönche’ selbst erziehen
und sie besonders zur Einigkeit unter sich und zur Demut gegen-
über dem Bischof mahnen 2, anderseits das nach Selbstentäußerung
und Weltflucht verlangende Abendland in seinem Sinne beein-
flussen. Er rechnet selbst auf heidnische Leser, die für ein solches
Empfinden ebenfalls empfänglich sind und clurch die Erzählungen
von dem Wundermann leichter als durch Lehrschriften gewonnen
werden. Ägypten erscheint dabei, fast wie später bei Rufinus, als
Heimat einer neuen, wunderbaren und wunderwirkenden Frömmig-
keit, die Gott selhst offenkundig beglaubigt. Ihr Lehrer und Be-
gründer hat den Lebenskampf des Athanasius zu dem seinen ge-
macht. Er erkennt Arianer u.nd Melitianer nicht als Christen an,
kämpft öffentlich gegen sie, solange es möglich ist, beklagt dann
die Greuel, die sie über Ägypten gebracht haben und prophezeit
endlich den baldigen Sieg des reinen Glaubens. Daß Athanasius

1 Weingarten, der die Echtheit bekanntlich bezweifelte, verband mit
feinstem literarischen Empfinden leider zu wenig philologische Schulung
und griff darum bei der Behandlung der einzelnen Werke der entstehenden
Mönchsliteratur fast überall fehl, während er über ihren Gesamt-
charakter trefflich zu urteilen wußte. Die biilige Widerlegung der literar-
historischen Mißgriffe, die man ihm meist nur zuteil werden läßt, gibt wichtige
Erkenntnisse, die Weingarten erworben hat, leichten Herzens wieder preis.
Doch läßt sich dies besser bei der Analyse der Quellen der Historia monacho-
rum und Historia Lausiaca zeigen.

2 Daher im Eingang der eigentlichen Charakteristik (cap. 67) die nach-
drückliche Betonung, daß Antonius selbst auf der Höhe der Vollendung jeden
Kleriker demütig verehrt: vor Bischöfen und Presbytern neigt er das Haupt
und gestattet selbst dem Diakonen, das Gebet zu sprechen (nachgebildet bei
Rufinus cap. 1: Johannes von Lykopolis erkundigt sich bei den Besuchern,
ob ein Kleriker unter ihnen ist, damit dieser das Gebet spreche, und entdeckt
den Diakonen).
 
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