Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius.
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schiedenen Erscheinungsformen in dem Leben des einen Mannes
zeichnen will, kann sich auf seine eigenen Angaben und den Cha-
rakter des Werkes selbst berufen. Bei einem derartigen Haupt-
zweck sind freie Ergänzungen, wie sie der erste Teil meiner Ansicht
nach bietet, kaum zu vermeiden und verlangen eine andere Be-
urteilung als in einer nur auf die Person und die geschichtliche
Wahrheit gerichteten Darstellung.
Ich kehre zu der Analyse der Disposition des Werkes zurück.
Den historischen Teil im engeren Sinne eröffnet das einzige feste
Datum, das Athanasius für die Geschichte des Mönchtums zu
bieten hat: die Christemmrfolgung unter Maximin bricht aus und
die Mönche ziehen — natürlich auf Befehl des Antonius — nach
Alexandria (c. 46). Sie mahnen u.nd stärken hier die Märtyrer,
wie das von den άσκηταί ja oft herichtet wird 1. Ein Mönchsmar-
tyrium wird nicht erzählt u.nd darf nicht erzählt werden, damit
Antonius nicht verdu.nkelt wird. Nur ein überflüssiges Bravour-
stück wird von ihm in unklaren Worten berichtet. Nach mehr-
jährigem Aufenthalt läßt nach dem Tode des Bischofs Petrus
(im Jahre 311) Athanasius die Mönche wieder in die Wüste zurück-
kehren. Antonius legt erst jetzt die eigentliche Mönchstracht an
und steigert seine Askese 2.. Er faßt — ganz im Gegensatz zu der
früheren Schilderung — jetzt den Entschluß, ganz in seiner Zelle
zu bleiben und niemanden vorzulassen. Nach der früheren Schil-
derung könnten wir das nur als einen Verzicht auf seine Stellung
als Leiter eines Mönchsstaates betrachten, aber Athanasius selbst
faßt es hier offenbar als Verzicht auf denVerkehr mit der Außen-
welt, dem κόσμος. Das zeigt der Fortgang cler Erzählung. Ein
heidnischer Offizier erzwingt durch inständiges Bitten von Antonius
trotzclem ein Heilungswuncler, und nun kommen die Kranken
in großer Zahl, lagern Tag und Nacht vor der verschlossenen Türe
und werden durch sein Gebet geheilt. Er aber fühlt sich belästigt
und in seinem Anachoretentum gestört (μή άφιέμενον κατά γνώμην
1 Man denke an die Schiiderung des Origenes bei Eusebius.
2 Vgl. c. 47 p. 912 B: καΐ ήν έκεΐ καθ-’ήμέραν μαρτυρών τή συνειδήσει καΐ
άγωνιζόμενος τοΐς τής πίστεο)ς άθλοις. καΐ γάρ καί άσκήσει πολλή καί συντονωτέρα
έκέχρητο κτλ. Es ist eine der frühesten Stellen, in denen die später allgemein
verbreitete Auffassung auftaucht, daß die volle Askese dem Martyrium
gleichkommt. Ich werde später auf sie zurückkommen. Die Bedeutung,
welche das Anlegen einer bestimmten Tracht für das Empfinden dieser
Zeit hat, zeigt die Tradition von Pachomius (vgl. Holl, Enthusiasmus
und Bußgewalt S. 130 A. 1).
2*
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schiedenen Erscheinungsformen in dem Leben des einen Mannes
zeichnen will, kann sich auf seine eigenen Angaben und den Cha-
rakter des Werkes selbst berufen. Bei einem derartigen Haupt-
zweck sind freie Ergänzungen, wie sie der erste Teil meiner Ansicht
nach bietet, kaum zu vermeiden und verlangen eine andere Be-
urteilung als in einer nur auf die Person und die geschichtliche
Wahrheit gerichteten Darstellung.
Ich kehre zu der Analyse der Disposition des Werkes zurück.
Den historischen Teil im engeren Sinne eröffnet das einzige feste
Datum, das Athanasius für die Geschichte des Mönchtums zu
bieten hat: die Christemmrfolgung unter Maximin bricht aus und
die Mönche ziehen — natürlich auf Befehl des Antonius — nach
Alexandria (c. 46). Sie mahnen u.nd stärken hier die Märtyrer,
wie das von den άσκηταί ja oft herichtet wird 1. Ein Mönchsmar-
tyrium wird nicht erzählt u.nd darf nicht erzählt werden, damit
Antonius nicht verdu.nkelt wird. Nur ein überflüssiges Bravour-
stück wird von ihm in unklaren Worten berichtet. Nach mehr-
jährigem Aufenthalt läßt nach dem Tode des Bischofs Petrus
(im Jahre 311) Athanasius die Mönche wieder in die Wüste zurück-
kehren. Antonius legt erst jetzt die eigentliche Mönchstracht an
und steigert seine Askese 2.. Er faßt — ganz im Gegensatz zu der
früheren Schilderung — jetzt den Entschluß, ganz in seiner Zelle
zu bleiben und niemanden vorzulassen. Nach der früheren Schil-
derung könnten wir das nur als einen Verzicht auf seine Stellung
als Leiter eines Mönchsstaates betrachten, aber Athanasius selbst
faßt es hier offenbar als Verzicht auf denVerkehr mit der Außen-
welt, dem κόσμος. Das zeigt der Fortgang cler Erzählung. Ein
heidnischer Offizier erzwingt durch inständiges Bitten von Antonius
trotzclem ein Heilungswuncler, und nun kommen die Kranken
in großer Zahl, lagern Tag und Nacht vor der verschlossenen Türe
und werden durch sein Gebet geheilt. Er aber fühlt sich belästigt
und in seinem Anachoretentum gestört (μή άφιέμενον κατά γνώμην
1 Man denke an die Schiiderung des Origenes bei Eusebius.
2 Vgl. c. 47 p. 912 B: καΐ ήν έκεΐ καθ-’ήμέραν μαρτυρών τή συνειδήσει καΐ
άγωνιζόμενος τοΐς τής πίστεο)ς άθλοις. καΐ γάρ καί άσκήσει πολλή καί συντονωτέρα
έκέχρητο κτλ. Es ist eine der frühesten Stellen, in denen die später allgemein
verbreitete Auffassung auftaucht, daß die volle Askese dem Martyrium
gleichkommt. Ich werde später auf sie zurückkommen. Die Bedeutung,
welche das Anlegen einer bestimmten Tracht für das Empfinden dieser
Zeit hat, zeigt die Tradition von Pachomius (vgl. Holl, Enthusiasmus
und Bußgewalt S. 130 A. 1).
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