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Reitzenstein, Richard; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 8. Abhandlung): Des Athanasius Werk über das Leben des Antonius: ein philologischer Beitrag zur Geschichte des Mönchtums — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33311#0062
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62

Richard Reitzenstein:

Ehelosigkeit und Einsamkeit besonders hervorgehoben werden
sollen, technisch wird, aber wir brauchen es an diesen Stellen des
unter Eusebius’ Namen überlieferten Psalmenkommentars noch
nicht so zu fassen. Dann aber steht nichts im Wege, sie dem
Eusebius wirkhch zuzuschreiben; zu seinen Ansichten von dem
christlichen Asketentum passen sie ganz vorzüglich.

Ich kehre von der langen Abschweifung endlich zu Athanasius
zurück. Mit den wirklich historischen Angaben bei ihm stehen die
Schilderungen des Eusebius in vollster Übereinstimmung. Nur
die flüchtige Benutzung beider Autoren kann Widersprüche fest-
zustellen glauben. Freilich, die Auffassung der Askese ist etwas
anders; ihre Wertung scheint bei Eusebius eher höher 1. Von Ori-
genes zu Eusebius und weiter zu Euagrius würde eine gerade Ent-
wicklungslinie führen; Athanasius fügt sich ihr nicht ein. Die
geschichtliche Entwicklung scheint einigermaßen klar. Imrner
stärker entwickelt sich in der Askese gegen Ende des dritten Jahr-
hunderts das, was Epiktet tadelnd die έπίδεί,ξις nennt. Aus der
einfachen όμολογία πρός θεόν 2 wird die άπόταξις, deren erste Äuße-
rung schon, der Verzicht auf alle Habe, gewaltig auf die Phantasie
der Umwelt wirkt 3. Daß sich mit der Loslösung von Familie und
Heimat in einem Lande wie Ägypten besonders leicht ein Auf-
suchen derWüste verbindet, ist begreiflich, und gerade die Volks-
vorstellung von den bösen Geistern, die hier hausen, erhöht das
Interesse an einer derartigen Leistung oder einem derartigen
Kampf. Als die letzte und schwerste Verfolgung ausbricht, achtet
man überall notwendig darauf, wie jene Männer, die der Welt
erstorben zu sein behaupten, sicli deren Herrschern gegenüber
halten werden 4, und für sie selbst, deren Denken ja ganz von der

1 In dem Begriff des άποστολικός βίος greift er ja auch wieder auf die
vorphilosophische Betrachtung der Askese zurück.

2 Glemens Strom. III 1,3 p. 197,3 Stählin, vgh III 15,4 p. 241,4: ό
κατά πρόθεσιν εύνουχίας όμολογήσας μή γήμαι άγαμος διαμενέτω. Der Begriff ist
juristisch und ist daher auch später in die kirchlichen κανόνες übergegangen
(vgl. z. B. oben S. 47 A 1). Der Inhalt der όμολογία wird von dem Vertrag-
schließenden frei bestimmt, in der άπόταξις ist er fest und gegeben.

3 Vgl. die Schilderung Lukians in dem Bericht über Peregrinus und die
Stelle Juiians (oben S. 50 A. 3).

4 Auch hierfür dietet die Philosophengeschichte ja die beste Erldärung.
Eifert der Kaiser gegen die Philosophen, so zieht der Philosoph in die Residenz.
Auch auf die oben erwähnten donatistischen Wandermönche die circelliones
oder circumceüiones kann man verweisen, auch sie gehen sicher bis in die
 
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