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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1915, 10. Abhandlung): Eine etymologische Deutung von griech. Anthropos — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34069#0015
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Eine etymologische Deutung von griech. όίν&ρωπος.

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Bildung αν-9-ρωπος vorausgegangen ist. Aus αν-9-ρο-ωπος (nicbt
ά\/-9-ρό-ωπος, woraus *&ν-9-ρωπος!) ist also <χν-9-ρωπος hervorgcgangen.
Daß der Bart und die Barthaare mit ,,Stacheln, Spitzen,
Stoppeln, Grannen, Ähren" u. dgl. sprachüch ein gemeinsames
Wort teilen, ist an sich schon einleuchtend, kann aber auch durch
zahireiche analoge Fälle bewiesen werden. Unser Wort Bar^ gehört
sehr wahrscheiniich zu einem idg. Stamm /lAerciA- ,,spitz sein",
der auch in ,,Borste" und ,,Bürste" und weiter in ai. /iAryR- ,,Spitze",
lat. ,,Giebel, höchste Spitze", aisl. ^nr^ ,,steifes Haar,
Schweinsborste", aber auch ,,Dachfirst" vorliegt. Die Grannen
von Äbren werden ja geradezu als Bart der Ähren bezeichnet,
vgl. engl. ,,Bart, Granne am Getreide" oder aisl. g'rpT?. ,,die
Haare auf der Oberlippe", ags. grann ,,Bart", mnd. grun ,,Bart an
Äbren", ,,Barthaare auf der Oberlippe", ahd. granmz ,,Bar!haare
auf der Oberlippe, Ährenspitze", nhd. Weiterhin gehören
zu diesen germ. Wörtern air. grend ,,Schnurrbart", alban. kr^^de
,,Strohhalm, Weinranke", kreme ,,Stachel, Dorn". Aisl.
ags. ^ceugga ,,Kopfhaar", norw. ^k/egg' ,,Bart", schwed. ge-
hören zu aisl. ^ko^r ,,Wa!d", ags. ,,Gebüsch", eng!.
dän. skoc, norw. ,,Wald". Nhd. <SYoppehz kann ebensogut von
Ährenstummeln als von kurzen Barthaaren gesagt werden. Gr.
βότρυχος ,,Haarlocke, lockiges Haar" gehört zu βότρυς ,,Wein-
traube, Ranke", das Anthol. 5, 287, 6 selbst von lockigem Haar
gebraucht wird. Ebenso bedeutet ΐουλος nicht nur ,,Barthaar",
sondern auch ,,Ährenbündel", ja ein Hymnus an Demeter kann
sogar mit diesem Worte bezeichnet werden. Gr. Ερίξ, τρί,χός
ist mit lit. dra/cyff ,,Halme hin und herstreuen" verwandt.
Der Stamm &vhp(o)- ,,Stachel, Spitze, Barthaar" scheint auch
in άν-9-ρίσκος, lat. ^ArAcMm (Plin. 21, 89; 22,81) vorzuliegen;
die stachehgen Früchte der gemeinen Iierbel (anthriscus vulg.
Persoon) haben der Pflanze diesen Namen verschafft. κνΕρυσχος
bei Athen. 15, 685 B ist wohl nur itazistisch entstellt. Denn -ίσχος
mann. Auch bei Völkernamen begegnet κν-9-ρωπος in dieser Weise, schon Hom.
hym. in Apoll. Del. 42: πόλίς Μερόπων άν-9-ρώπων. Seltsam ist aber dieAngabe
der Scholien zu Iiias Ω 58, wo <χν9ρωπον ή9ος als attisch bezeichnet wird
(LoBECK Paralip. 118). Die Stelle heißt (ed. DiNDORF, 2, S. 277): τούς 8έ
'Αττίχοΰς χκίΔωριέας τοΐς χυριωτέροις χρησ-9-ο:ι άντίχτητίχών, Έλληνκστρκτον
άντί τοΰ Έ7-.ληνιχόν, χκί οίν-9-ρωπον ή9-ος άντί. τοΰ άν9-ρώπινον, χ<χί Έλλά§κ δικ-
λεχτον. Sollte das wirhiich eine Spur der einstigen adjektivischen Bedeutung
des alten Bahuvrihis sein?
 
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