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Saxl, Fritz [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1915, 6.7. Abhandlung): Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters: [1] In römischen Bibliotheken — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34065#0016
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XYI

Einführung.

Am Ausgang des Mittelalters stehen die Ovidmoralisationen
und der moralisierte Fuigentius, da stehen die Kopien orientahscher
Vorbilder, die dem Abendland seine von ihm vergessene griechische
Wissenschaft wiedergaben. Was wird in den kommenden Jahr-
zehnten aus unseren Darstehungen, in den Jahrzehnten, da
Petrarca und Poggio nach den Handschriften der Alten die Weit
durchsuchten und durchsuchen ließen ? Es sei gestattet, an einem
besonders prägnanten Beispiel einiges davon klarzulegen.
Der Cod. Barb. 76 ist eine inNeapef fürden KönigFerdinando
d'Aragona geschriebene Aratea-Handschrift. Mit ihr aufs engste
verwandt — zweifehos auf dassefbe Vorbild zurückgehend — ist
der Barh. 77. Sieht man genauer zu, so sind diese beiden Hand-
schriften zwei hisher unbekannte Glieder der schon von BREYSiG
(Germ. Caes. Aratea Berol. 1867) und andern Forschern zusammen-
gestehten Gruppe von Manuskripten, die ahe zur gemeinsamen
Quehe eine in Sizifien aufgefundene Handschrift hatten, die sich
dann im Besitz Poggios befunden hat. Die Kopien sind nicht zu
gleicher Zeit entstanden, die späteste ist die neapolitanische des
Königs Ferdinand.
Die Abbildungen X—XIII geben die Darstellung des Cepheus
aus vier Handschriften wieder. Es ist auf den ersten Blick klar-,
daß sie auf ein gemeinsames Vorhild zurückgehen müssen. Aber
wie weit ist etwa die Darstehung des Urbin. 1358 von der im
Barh. 76 entfernt! Wie hart sind da die Falten, wie scharf die
Finien der Gelenke, üherall flatternde Unruhe. Find im Barb. 77
ist aus dem Zipfel des Umhangs, der nach rückwärts hängt, gar
ein ganzer Mantel geworden! Die Gestalt steht nicht wie im
Barb. 76einfach, fast feierlich, aufrecht da, sie biegt sich und ausder
weichen, fremdartigen Gewandung ist etwasgeworden, was an italie-
nischen Alltag erinnert. Aber auch zwischen dem Barh. 76 und dem
Faurent. Plut. 89 sup. 43 bestehen große Unterschiede. Man ver-
gleiche etwa die Köpfe, oder die Armhaltung, und man wird er-
kennen, wie auch in dem an und für sich zweifelsohne qualitäts-
volleren Laurent. doch rnehr noch steckt, was der Antike frernd
ist, als im Barb. 76. Das aber, was das Bild des Barb. 76 von
allen anderen auf den ersten Blick unterscheidet, ist der Rahmen
und die Farhe. Wir hahen oben hei Besprechung des Reg. 123
von dem einschneidenden Funktionsunterschied der gerahmten und
ungerahmten Ihustration gesprochen. Einzig und allein dieser
Kopist hat verstanden, was der in der Vorlage offenbar sich
 
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