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Gradenwitz, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1915, 9. Abhandlung): Versuch einer Dekomposition des Rubrischen Fragmentes — Heidelberg, 1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.34067#0008
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O. Gradenwitz:

FABRicius^^) also: ,,Von InterpoJationen im gewöhnlichen Sinn
kann an ahen diesen Stehen nicht wohi die Rede sein. Wir haben
es vielmehr mit einem unfertigen Text zu thun, mit einem Gon-
cept, das, durchcorrigirt und überarbeitet, mit ailen Abänderun-
gen und Verbesserungen ohne Tiigung der Worte, die ersetzt
werden sohten, gedankenios abgeschrieben istd' ,,Der
Sekretär dem die Ausarbeitung dieser Theile des Gesetzes ob-
iag, war sichtlich ungewandt, und man hat ihm offenbar nicht
die genügende Zeit gelassen, um seine Arbeit zu vollenden, ge-
schweige denn nachträgkch das Ganze in Ordnung gebrachtd'
DESSAu^^), adiuvandi, supplendi, corrigendi Fabricii gratia:
,,Die Hast mit der damals Gesetze hergestellt wurden, konnte
die Beamten doch kaum dazu veranlassen, sich zu wiederholen
und gleichwertige Wendungen neben einander zu setzen; das
sieht eher so aus, als ob man am Ausdruck gefeilt, freilich dann
versäumt habe, das Überflüssige zu streichen.
Die Interpolationen, durch die der Text des Gesetzes von
Urso so unvorteilhaft sich von demText der Gesetze von Malaca
und Salpensa unterscheidet, verlieren alle und jede Sonderbar-
keit, Wenn man erwägt, daß das Gesetz lange Zeit, wohl mehr
als 100 Jahre, nämlich vom J. 44 v. Ghr. bis auf die flavischeZeit"
,,im Archiv der Kolonie gelegen hat, ehe es auf Bronze übertragen
wurde. In dieser langen Zeit war es natürlich den höheren und den
Subalternbeamten der Kolonie zugänglich, und ist sicherlich oft
von ihnen eingesehen worden. Nichts nötigt zu der Annahme,
daß all diese Personen den Text des Gesetzes mit heiliger Scheu
behandelt haben; es ist vielmehr sehr glaubhaft, daß ein oder der
andre Scriba der Kolonie sich erlaubt. hat, Eintragungen zu
machen, erklärende Worte zwischen die Zeilen zu schreiben, For-
meln zu amplifizieren; ja auch vor völlig müßigen Eintragungen
war der Text nicht geschützt. —- Waren im Laufe der Zeit Be-
stimmungen erlassen worden, durch die einzelne Kapitel des
Gesetzes modifiziert oder antiquiert waren, so mochte es sich em-
pfehlen, den Text dieser neuen Bestimmungcn nicht getrennt
aufzubewahren, sondern mit dem Stadtrecht durch Klebungen
oder sonstige Prozeduren zu verbinden. — Ein solches Gesetz sorg-

^^) HERMEs 35, 209.
^^) Wiener Studien, 1903. BoRMANN-Heft S. 245/46.
 
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