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Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 1. Abhandlung): Die sogenannten Slavenapostel Constantin und Methodius: ein grundlegendes Kapitel aus den Beziehungen Deutschlands zum Südosten — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34072#0012
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H. Y. SCHUBERT:

,,νοη absoluter VerläßlichkeiU^ die ganze Frage von neuem zu
verwirren drohen, so ist die Aufforderung um so stärker, metho-
* S. 5f., 121, 122. Zur Kennzeichnung der BRücKNERSchen Methode
genügt es, die folgenden Sätze auszuziehen (S. 13—16; die Sperrungen von
mir): ,,Für die neue slavische Kirche war die Legende von ihren Begründern
das allernotwendigste Buch, denn es erzählte nicht nur von den Heiligen,
sondern iegte die Berechtigung ihrer Verehrung dar. -— Ich nehme daher
an, daß Method s'elbst für die gebieterischen Zwecke seiner Kirche das Leben
seines Bruders bald nach dessen Tode, irgendwann vor 879, schrieb oder unter
seiner Anweisung schreiben ließ. — Nach dem Tode Methods 885 wiederholt
sich dasselbe unerläßliche, unaufschiebbare Bedürfnis; es mußte sofort
eine Legende von dem eigentlichen Begründer, Organisator und Verteidiger
der mähriscben Kirche für die Zwecke dieser Kirche selbst geschaffen werden,
die Auskunft in allen Zweifeln und Fragen gäbe. Ja, dieses Bedürfnis hat
schon Method selbst eingesehen, und wenn seine Legende in schärfstem Kon-
trast zur Constantinlegende durch ihre Knappheit und Nüchternheit sich aus-
zeichnet, so würde ich darindasdirekteVerbotdesgroßenMannes,gerichtet
an seinen künftigenBiographen erkennen; — umalien künftigenAngriffen
— jede Spitze abzubrechen, sichtet und sammelt er selbst das nötige Material
für seinen künftigen Biographen, gab ihm Winke und Andeutungen. Die
Method-Legende ist somit gleich nach seinem Tode in Mähren selbst von
einem seiner Schüler verfaßt und weder von sprachlicher noch von sachlicher
Seite läßt sich gegen diese Annahme eine Einwendung machen. — Für mich
ist daher die Konstantinlegende ein Werk Methods selbst (oder eines Schü-
lers unter seinen Augen gemacht), vor 879 geschrieben, die Method-Legende
ein Werk von Gorazd oder Qlemens aus dem J. 885 oder 886, beide in Mähren,
beide slavisch verfaßt." Die Folgen dieser Stellungnahme wären noch ver-
hängnisvoller, wenn der ebenso scharfsinnige wie phantasievolle Wrfasser
nicht erstens daneben doch das urkundliche Material herangezogen hätte und
zweitens die ,,absolut verläßlichen" Legenden nicht doch eine ,,bewußte
Tendenz verfolgen" ließe, infolge deren sie ,,manches ganz verschweigen,
anderes falsch motivieren und auch nicht vor einerpia frauszurückscbrecken",
so daß sie in diesem Zusammenhang doch nur als ,,sonst absolut ver-
läßlich" charakterisiert werden (8. 19—20). Immerhin sind die beiden
Legenden als primäre Quellen der ganzen Darstellung zugrunde gelegt.
In früheren ,,Thesen" BRÜcKNERS ,,zur Cyrillo-Methodianischen Frage",
Arch. f. slav. Phil. 1906, S. 186ff. (vgh Wiss. Beil. z. Münch. Allg. Ztg.
1903, 163f., auch Gött. Gel. Anz. 1911, S. 593ff.), ist das Urteil über die
Legenden als ,,ausgesprochene Tendenzschriften" noch viel schärfer formu-
liert, aber indem der Verfasser zu gleicher Zeit auch die dritte sogen.
italische Legende auf Methodius selbst zurückführt, so daß er alle drei
als ,,das Werk eines einzigen Autors", ja als ,,eine einzige Quelle" an-
spricht, verleiht er ihnen durch ihren Urheber doch wieder höchsten
Wert. Eben durch diese Doppelseitigkeit wirkt die Auffassung so ver-
wirrend. Sie ist keinesfalls geeignet dem heillosen Zustand der Forschung
ein Ende zu machen, den er selbst am schärfsten geißelt: ,,Nichts scheint
festzustehen -— die tollsten Einfälle jagen einander" (S. 4).
 
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