Metadaten

Schubert, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 1. Abhandlung): Die sogenannten Slavenapostel Constantin und Methodius: ein grundlegendes Kapitel aus den Beziehungen Deutschlands zum Südosten — Heidelberg, 1916

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.34072#0022
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
14

H. V. ScHUBERT:

dige Mann, Staatsmann und Gelehrter zugleich, rücksichtslos
und rührig, Bibliothekar von Hadrian und vermutlich Biograph
von Nikolaus, voh vielseitiger Interessen, läßt in jenen Tagen
beginnenden Niedergangs den Unterschied der römischen Bil-
dung von der byzantinischen unter Photius und der westfränkischen
unter Karl dem Kahlen mit ihrem Hinkmar und Scotus Erigena
nicht zu tief empfindenh Des Griechischen von Jugend auf mäch-
tig, wurde er ein literarischer Mittler zwischen den genannten
Höfen. Bei seinen Bestrebungen, dem Abendland griechische
Werke bekannt zu machen, war freundschaftliche Fühlungnahme
mit dem Kreise des Photius selbstverständlich. In diesen Zusam-
menhang gehört Constantin ,,der Philosoph", wie ihn Anastasius
stets nennt, der aus Thessalonich, also dem früheren Sitze des
päpstlichen Vikars, gebürtig, unter Kaiser Michael III. (842—67)
nach Konstantinopel gezogen, eben jenem Kreis nahetraU. Der
Stil seiner Frömmigkeit war offenbar ganz der griechische, seine
Gelehrsamkeit der spekulativen Mystik des Dionysius Areopagita,
den er auswendig wußte^, und der Hagiographie zugewandt. Doch
muß er eine aktive Ader damit verbunden haben. Der Kaiser sandte
ihn zu den Chazaren, einem der oben genannten westtürkischen
Stämme, nach dem Taurischen Chersonnes, der Krim, mit einem
Missionsauftrag. Dabei suchte und fand er die Gebeine des hl.
Clemens von Rom, des berühmten Schülers des Petrus, des
vierten Papstes nach römischer Tradition. Wie, das hatte dem
Anastasius der dorthin verbannt gewesene Metrophanes von Smyrna
selbst erzählth Daß die Reliquien nach Rom in die Basilica S.
Clemente gehörten, war dem Finder nicht zweifelhaft. Er über-
führte sie also dahin. Der feierlichen Einholung und Beisetzung
unter Hadrian II. haben Anastasius und ein anderer Clemens-
verehrer, Bischof Gauderich von Velletri, selbst beigewohnU.
Der letztere wünschte griechisches Material über die Clemens-
geschichte. Da wußte ihm Anastasius mit dem zu helfen, was er
i Vergl. jetzt nam. M. MANiTius, Gesch. d. lat. Lit. des Mittelalters I,
678ff. München, 1913.
^ Anast. Interpret. Synodi λ^ΙΙΙ. generalis, praef., MiGNE, Patr. lat.
129, 14; ep. ad Gaudericum episc. c. 1, ed. J. FRiEDRicH, S.-B. d. bayer. Ak.
d. W., Hist. Kl. 1892, S. 399ff. u. danach L. K. GöTz, Gesch. d. Slavenap.
K. u. M., S. 244ff. Gotha, 1897.
s Anast. ep. ad. Carolum Calvum, MiGNE, P. I. 129, 741.
^ Ep. ad Gaud. c. 3.
^ Ibid. c. 5; ep. ad. Carol. Calv. I. c.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften